Gastschulabkommen: Bildung lieber vom Nachbarn
Seit Monaten verhandelt Hamburg mit Kiel ergebnislos über die Gastschüler aus dem Speckgürtel. Jetzt werden schleswig-holsteinische Schüler ausgesiebt.
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Tausende Eltern aus Schleswig-Holstein leben derzeit im Ungewissen darüber, ob ihre Kinder im kommenden Schuljahr weiterhin auf eine Hamburger Schule gehen dürfen. Grund ist eine aktuelle Dienstanweisung der Hamburger Schulbehörde, nach der staatliche Schulen die Zahl der so genannten Gastschüler strenger im Blick behalten müssen.
"Man darf auf der Schule bleiben, solange bis man einen Abschluss hat", sagte Schulbehördensprecherin Johanna Götze-Weber am Freitag der taz. Das bedeute, dass diejenigen Schüler der 10. Klasse, die jetzt in Hamburg lernen und in Schleswig-Holstein wohnen, ab dem Schuljahr 2010 / 2011 im eigenen Land zur Schule gehen müssen. Für den - noch theoretischen - Fall, dass in Hamburg die Primarschule eingeführt wird, gilt diese Anweisung auch für alle Gastschüler der 6. Klasse.
Sogar mit juristischen Mitteln droht die Hamburger Schulbehörde. In der Vergangenheit hatte nämlich so manche trickreiche Familie ein Elternteil und ein Kind in Hamburg gemeldet, um dann kurz nach Aufnahme in der Schule wieder nach Schleswig-Holstein zurück zu ziehen. Bestehen aber an der Lage der Wohnung oder an der Echtheit der Meldebestätigung Zweifel, muss laut Dienstanweisung die Schule die Rechtsabteilung der Schulbehörde einschalten.
Mit derlei Anordnungen erhöht die Hamburger Behörde den Druck auf laufende Verhandlungen über das Gastschulabkommen erheblich. Dieses war im vergangenen Jahr von der Hansestadt aufgekündigt worden. Seitdem beraten das Kieler Bildungsministerium und die Hamburger Schulbehörde darüber, wie viel Geld das Nachbarland für die Gastschüler an die Metropole zahlt. Seit 2004 hat sich die Zahl der pendelnden Schüler von rund 3.200 auf mittlerweile 6.300 erhöht.
Weil gleichzeitig die Kosten je Schüler gestiegen seien, fordert Hamburg statt der bisher gezahlten Summe von jährlich 8,5 Millionen Euro knapp 30 Millionen Euro von Kiel. Die Berechnung der Ausgaben kommt laut Behördensprecherin Götze-Weber durch mehrere Bereiche zustande: So fielen für jeden Schüler etwa Kosten für die Miete des Gebäudes, für Wasser, Strom und Müll sowie für das Personal an.
Trotz finanzieller Kontroversen geht Schleswig-Holstein zuversichtlich in die weiteren Verhandlungen. "Beide Länder haben das Ziel formuliert, eine vernünftige Einigung zu erzielen", sagte der Sprecher des Kieler Bildungsministeriums, Thomas Schunck, am Freitag.
Während Hamburg bereits signalisiert, die Gespräche bis zum Frühjahr zu beenden, legt sich der Nachbar lieber noch nicht auf einen Termin fest. Jedoch hoffe man in Schleswig-Holstein, dass das Ergebnis dem "Geist des alten Vertrages" treu bleibe und die Gastschüler in Hamburg bleiben dürfen, sagte Schunck.
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