Gastkommentar: Der Geheimdienst Hennemanns
■ Horst-Werner Franke über das Nichtwissen der Vulkan-Manager
Die allgemeine Lebenserfahrung läßt uns naturlich sofort in Gelächter ausbrechen, wenn wir hören, daß in der nächsten Nähe von Hennemann keiner etwas gewußt hat. Die windigen Finanztransaktionen können nicht im Einmannverfahren durchgeführt worden sein. Schon aus technischen Gründen brauchte Hennemann Mitwisser. Und die sollen alle so dicht gehalten haben, wie es selbst in Pullach nicht klappt? Bevor wir das für unmöglich halten, sollten wir erwägen, ob nicht Hennemann doch das dichteste Geheimdienstnetz aller Zeiten in seinem Herrschaftsbereich installiert hatte. Es gibt da nämlich Indizien. Niemand wird dem Mann, der im Wirtschaftsressort die dort höchstmögliche Fachkompetenz besitzt, absprechen wollen, in Vulkansachen einer der Eingeweihtesten gewesen zu. Staatsrat Professor Frank Haller hatte seine Informanten im Vulkan. Schließlich lebte die Werft von Landesbürgschaften, für die die Wirtschaftsbehörde regelmäßig gutsagte. Dafür braucht es Kenntnisse. Frank Haller war sich seines Hennemanns sicher.
Selbst der intriganteste Staatsrat kann nicht so dämlich sein, sich mit jemandem zu verschwören, der bald darauf bundesweit als gigantischer Pleitemacher durchgehechelt wird, einsitzen muß und die Akten des Staatsanwalts füllt. Wir dürfen also sicher sein, der Wirtschaftsstaatsrat war im Juni 1995 noch von der Bonität des Vulkan überzeugt. Wie sonst ist zu erklären, daß er mit Hennemanns Hilfe die Sanierungsmehrheit im Rathaus installieren will. Haller kann unmöglich die Sanierung Bremens auf die schließliche Art des Vulkan gemeint haben.
Und wenn dann noch Rebers und Nölle mit Hennemann Triumviratsgespräche führen, dann wird doch vollends klar, welch Geheimdiensttalent den Vulkan führte. Wenn ausgebuffte Banker zu der Zeit nicht Lunte rochen, wer dann? So können alle exkulpiert nach Hause gehen, und Hennemann muß sitzen? Wie aber, wenn doch keine un- durchdringliche Nebelwand vor seinen Transaktionen stand? Zu welchem Urteil kämen wir dann über jene, die mit Hennemann noch 1995 die bremische Sanierungsmehrheit bilden wollten? Horst-Werner Franke,
Senator a.d.
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