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GastkommentarErschreckend!

■ Grüne stehen vor Spaltung und Austritten

Persönlich kenbne ich keinen Menschen aus dem grünen Spektrum, der leichtfertig in der Auseinandersetzung um den Krieg in Serbien und im Kosovo seine Schlüsse zieht. Daß im Bremer Landesverband bislang die Diskussion über eine grüne Anti-Kriegspolitik nicht vorkommt und die grüne Partei offensichtlich untergetaucht ist, erweckt den Eindruck, daß Grüne jetzt grundsätzlich Krieg als Mittel der Politik akzeptieren. Das finde ich erschreckend. Im Vergleich zur Bosnien-Debatte haben wir damals über Monate hinweg um ein gemeinsames Verstäändnis gerungen, heute schweigen wir und überlassen die Diskussion den anderen.

Der Krieg ist eng verknüpft mit der Formulierung einer neuen NATO-Strategie, in der die NATO-Selbstmandatierung für Militäreinsätze über das Völkerrecht und damit das Gewaltmonopol der UNO außer Kraft gesetzt werden soll.

Über Frieden wird nicht verhandelt, die Logik des Krieges hat sich in vielen Köpfen und auch in einigen Herzen festsetzen können. Gesprächsangebote und auch politische Vermittlungsversuche werden auch von den Grünen abgelehnt. Waffen sollen dem Frieden den Weg ebnen: Über 15 Tage und Nächte NATO-Bombardement haben die serbische Unterdrückungs- und Vertreibungspolitik nur eskalieren lassen. Viele Serben werden und müssen sich als Opfer fühlen, der gewählte Kriegsverbrecher Milosevic kann sich auf die Solidarität des serbischen Volkes stützen.

Das haben die NATO-Bomben erreicht, nicht den Schutz der Menschen im Kosovo. Spätestens jetzt ist es eindeutig, daß das Bombardement das falsche Mittel ist, Frieden zu schaffen. Die Gefahr einer Ausweitung des Krieges ist offensichtlich.

In anderen Parteien regt sich der Widerstand gegen diese Politik. Die Grünen haben es bisher nicht geschafft, den Diskurs über den NATO-Kriegseinsatz zu organisieren. Grüne Mitglieder und viele aus der Friedensbewegung fragen sich, warum zum Beispiel bei den Grünen in Bremen geschwiegen wird. Es macht sich große Enttäuschung breit.

Es wird höchste Zeit für eine umfassende Auseinandersetzung. Sie ist von elementarer Wichtigkeit für die Zukunft der Grünen. Für viele Mitglieder ist die Kriegspolitik, die von Grünen mitgetragen wird, nicht akzeptabel und verstößt diametral gegen ihre Grundsätze. Finden diejenigen, die den Krieg als Mittel der Politik ablehnen, keine Heimat mehr bei den Grünen, sehe ich eine Austrittswelle und im schlimmsten Fall sogar eine Spaltung der Grünen voraus. Das gilt es zu verhindern.

Arendt Hindriksen/MdBB

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