Gastkommentar Katastrophe im Jemen: Nicht ohne die Frauen
Die UN dürfen bei ihrer Initiative für Frieden im Jemen die Frauen nicht vergessen. Nur so ist dauerhafte Stabilität überhaupt möglich.
N eue Kämpfe im Jemen drohen die Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern abzuschneiden. In den letzten Wochen sind um die strategisch wichtige Hafenstadt al-Hudaida heftige Kämpfe entbrannt. Hunderte Familien mussten aus ihren Häusern fliehen – doch die Katastrophe könnte sich noch verschlimmern: ungefähr 90 Prozent der Nahrungsmittel müssen im Jemen aus dem Ausland eingeführt werden – 70 Prozent davon über den Hafen von al-Hudeida. Treibstoff, ohne den keine Wasserpumpen und Stromgeneratoren für Krankenhäuser betrieben werden können, betrifft dies etwa zur Hälfte.
Ohne Treibstoff können zudem keine Lebensmittel, Medikamente oder andere Hilfsgüter transportiert werden. Ein Ausfall des Hafens würde also besonders jene Menschen treffen, die in schwer zugänglichen Gebieten im Landesinnern leben und die bereits durch die seit über drei Jahren anhaltenden Kämpfe zwischen den Houthi-Rebellen und regierungstreuen Kräften sowie deren ausländischen Unterstützern ausgezehrt sind.
Im Jemen herrscht schon jetzt die weltweit größte humanitäre Krise. 8,4 Millionen Menschen stehen an der Schwelle zu einer Hungersnot. Mehr als 22 Millionen, fast 75 Prozent der Bevölkerung des Jemens, benötigen humanitäre Hilfe.
Robert Lindner, geboren 12.9.1964, arbeitet seit 2003 bei Oxfam Deutschland als Referent für humanitäre Krisen und Konflikte. Schwerpunkte seiner Arbeit sind gegenwärtig die Krisen in Syrien, im Jemen und in anderen Ländern im Nahen und Mittleren Osten. Damit verbundene Probleme von Flucht und Migration sowie internationale Rüstungsexportkontrolle sind weitere aktuelle Arbeitsgebiete.
Viel zu lange hat die internationale Gemeinschaft einfach zugesehen, Hilfeaufrufe bleiben chronisch unterfinanziert. Doch Nothilfe alleine genügt sowieso nicht, es braucht internationalen Druck auf alle Kriegsparteien, um die Kämpfe umgehend zu beenden. Dem Vernehmen nach bereiten die Vereinten Nationen gerade eine Friedensinitiative vor.
Anders als offenbar geplant, müssen dabei jedoch unbedingt Vertreter der jemenitischen Zivilgesellschaft und ganz besonders Frauen von Anfang an volles Mitspracherecht haben. Bereits im Jahr 2000 hat der UN-Sicherheitsrat dies allgemein gefordert, denn nur so können Frauen nach dem Ende von Kriegen vor weiterer Gewalt und Diskriminierung geschützt werden – und Frieden wirklich von Dauer sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW