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Das PortraitGaleristin mit Biß

■ Betr.: Tanja Grunert

In den Papierstapeln auf dem Schreibtisch im Büro und zwischen den Aktendeckeln im Hinterzimmer der Halle scheint sich nur ihr Assistent auszukennen, und der ist gerade in Berlin, „den Reichstag angucken“. Also wühlt Tanja Grunert selbst. Dabei erzählt sie mit einem Augenzwinkern gern Geschichten, die „Sie bitte nicht schreiben dürfen“. Na gut. Ein paar Stories weiter endlich hat sie es gefunden: das einzige Foto von ihr, auf dem sie sich gefällt. Inzwischen hat sie auch „begriffen“, daß sie einfach jemand ist, „der Schwierigkeiten liebt“. Außerdem ist Tanja Grunert, 37, Kölner Galeristin, in Wahrheit „großherzig und gönnerhaft“. Zwar befürchtet sie, daß ihre Kollegen „sich jetzt wieder halb totlachen“, aber gerade das ist ihr egal, weil sie „niemanden besonders gerne mag“, vor allem nicht Kollegen. Sie wirkt ein bißchen frech und unterkühlt, und wenn sie zum Telefon greift, legen empfindlichere Seelen am anderen Ende der Leitung erschrocken auf. Sie aber betont, daß sie eigentlich „gar nicht so ruppig“ ist. Mit 20 hatte sie sich einst bei einem der ganz großen Galeristen in Berlin beworben. Daß der sie mit der Bemerkung rausschmiß, bereits eine Sekretärin zu haben, scheint sie heute noch jedem übelzunehmen. Vorher, mit 15, war sie mangels Interesse von ihrer Böblinger Schule geflogen und hat statt dessen Siebdruckerin gelernt; nachher, mit 22, machte sie in Stuttgart ihre erste Galerie auf.

Seit 1984 lebt Tanja Grunert, etwas grauhaarig geworden, in Köln und betreibt hier eine Galerie, die zu den avantgardistischsten der Republik zählt. Seit einem Jahr ist sie verheiratet, ihr Mann ist sieben Jahre jünger, Galerist und lebt in Bozen. „Am Wochenende sehen wir uns“, sagt sie, und zählt dann auf, Tanja GrunertFoto: privat

welche Künstler oder Sammler sie an den letzten Wochenenden wo in der Welt besucht hat. „Ich könnte nie so überzeugt wie manche andere Kollegin sagen, ich sei die beste Galeristin Deutschlands“, sagt sie, und ihre lächelnden Augen bestätigen, was sowieso jeder vermutet: Sie ist die beste. Die Künstler, die Tanja Grunert zusammen mit ihrem Partner Michael Janssen ausstellt, sind keine expressiven Maler, mit denen jeder etwas anzufangen weiß. Thomas Locher, Rolf Walz und Peter Zimmermann arbeiten mit Licht und farbigem Kunststoff, nicht mit dem Pinsel, sondern mit dem Kopf. „Sehr schwer vermittelbare Kunst zeigen, das kann ich eben“, und sichtlich stolz darauf ist sie, daß ihre Konkurrenz dies neidvoll anerkennen muß. André Schäfer

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