piwik no script img

GSW-Börsengang und die MieterWeniger Reparaturen, höhere Mieten

Die Bilanz der GSW nach der Privatisierung fällt für den Mieterverein negativ aus. Umso mehr fürchten Grüne und CDU den GSW-Gang an die Börse. Linke, SPD und FDP dagegen sehen keine Alternative.

Wohnhaus der GSW in Spandu Bild: GSW

"Das Risiko für die Mieter steigt mit dem Börsengang der GSW", ist sich Reiner Wild sicher. Schließlich verlangten Aktionäre eine Dividende, ganz egal wie es dem Unternehmen gehe. Für den Geschäftsführer des Berliner Mietervereins stellt sich deshalb die Frage: "Warum hat der Senat nicht besser verhandelt?"

Bei der Anhörung des Bauausschusses zum geplanten Börsengang der GSW herrschte am Mittwoch verkehrte Welt. An der Seite des Mietervereins standen - die Reihen fest geschlossen - die Fraktionen der Grünen und der CDU. Ihnen gegenüber solidarisierten sich SPD, Linke und FDP mit dem Geschäftsführer der GSW, Thomas Zinnöcker. Schwarz-Grün für die Mieter, Rot-Rot-Gelb dagegen?

Am Montag entscheidet das Abgeordnetenhaus über den Börsengang, den die GSW nach dem Ausstieg der US-Finanzinvestoren Cerberus und Goldman Sachs fordert. 100 Millionen Euro neues Kapital erwartet die Gesellschaft. 30 Millionen soll das Land Berlin für seine Zustimmung bekommen. Darüber hinaus, so haben es Senat und GSW vereinbart, sollen die bei der Privatisierung 2004 vereinbarten Mieterrechte bis 2014 gelten. Sie schützen die Mieter vor Eigenbedarfskündigungen und Luxusmodernisierungen. "Bislang hat die GSW das eingehalten", versicherte Bau-Staatssekretärin Hella Dunger-Löper (SPD).

Doch genau das bezweifeln die Kritiker. "Die GSW hat gleich nach der Privatisierung 18.000 Wohnungen weiterverkauft. Und sie hat wenig investiert", sagt René Stadtkewitz, baupolitischer der Sprecher der CDU-Fraktion. Für ihn ist das auch ein Versagen des Senats, schließlich habe der bislang einen Vertreter im Aufsichtsrat der GSW gehabt. Weil es nach einem Börsengang gar keine Kontrolle mehr gebe, fürchtet Stadtkewitz um die nötige Instandhaltung und Modernisierung der verbliebenen 50.000 Wohnungen der GSW. "Das ist kein Vergleich zur Gesobau, die derzeit das Märkische Viertel saniert."

Wenig Investitionen, steigende Mieten. Auch für den Mieterverein gehört das zur bisherigen Privatisierungsbilanz. "Zwar hält die GSW den Mietspiegel ein, doch seit 2004 haben die Mieten spürbar angezogen", meint Wild. Dagegen habe sich der Service für die Mieter schlechtert, klagt er. "Vorher gab es Service-Center, zu denen jeder Mieter persönlich gehen konnte. Nach der Privatisierung hat die GSW ein Call-Center eingerichtet." Kein Fortschritt sei das, sondern eine massive Verschlechterung.

GSW-Chef Zinnöcker wies die Anschuldigungen zurück. 40 bis 50 Millionen Euro jährlich investiere sein Unternehmen. "Damit liegen wir bei den Wohnungsbaugesellschaften im Mittelfeld." Auch der Börsengang macht ihn nicht pessimistisch. "Ich kann mir die Zukunft mit Aktionären nicht schlechter vorstellen als mit zwei Gesellschaftern aus den USA, die aus einem anderen Kulturkreis kommen."

Die Kritiker konnte Zinnöcker nicht besänftigen. "Rot-Rot geht in eine neue Phase", höhnte der grüne Abgeordnete Andreas Otto an die Adresse der "Freunde der Rekommunalisierung" bei den Linken. "Warum haben Sie denn in den Verhandlungen nicht ein paar Wohnungen für das Land heraus gehandelt?"

Auch der CDU-Abgeordnete und Ausschussvorsitzende Manuel Heide konnte seinen Ärger nicht verheimlichen. "Ich bin seit 25 Jahren im Parlament. So einen Druck auf die Abgeordneten, wie ihn die GSW ausübt, habe ich noch nicht erlebt."

"Wer die Ängste der Mieter schürt, ist ein Populist", lautete die Antwort von Albert Weingartner (FDP). Und der baupolitische Sprecher der Linken, Uwe Döring, ergänzte: "Schon jetzt könnte die GSW 50 Prozent der Wohnungen verkaufen. In diesem Fall blieben die Mieterrechte ganz auf der Strecke."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!