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GLS-Chef für schärfere RegelnBanker geißelt Politikversagen

In der Finanzkrise wurde die GLS Bank zur Erfolgsstory. Jetzt kritisiert ihr Chef die Politik. Sie müsse den Finanzmarkt endlich schärfer regeln, die Griechenlandhilfe sei auch falsch.

Thomas Jorberg, Vorstandssprecher der GLS Bank, am Hauptsitz seiner Bank in Bochum. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Bankmanager Thomas Jorberg sieht Griechenlands ökonomische Krise als Folge politischen Versagens. "Die Politik hat nichts aus der Finanzkrise gelernt. Sie muss bestimmte Finanzprodukte verbieten. Die abstrakten Geschäfte bedeuten das größte Risiko und den größten Gewinn. Im Moment überlegt man nur, wie man Risiken abmildern kann. In einer wirklichen Krise ist das zu wenig," sagte der Vorstandssprecher der GLS-Bank im sonntaz-Gespräch.

"Solange wir diese Art Finanzprodukte haben, wird es solche Blasen geben." Die Politik solle nicht "Geld irgendwo hinschieben", sondern klare Rahmenbedingungen schaffen, speziell zur Bekämpfung des Klimawandels.

Zur Hilfe für Griechenland sagte Jorberg: "Den Griechen wäre mehr geholfen, wenn man akzeptierte, was passiert ist, nämlich eine Staatspleite. Jetzt leihen wir ihnen Bonität und sind darauf angewiesen, dass sie durch Sparen ihre Bonität zurückerlangen."

Bild: taz

Das sonntaz-Gespräch im Wortlauf lesen Sie in der vom 8./9. Mai 2010 – ab Sonnabend zusammen mit der taz am Kiosk.

Die GLS Bank ist Deutschlands größte Öko-Bank und arbeitet auf sozial-ökologischer Basis. Trotz Finanzkrise hat sie im vergangenen Jahr 11.000 Kunden gewonnen und ihre Bilanzsumme um 33 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro gesteigert.

"Das reine Streben nach dem möglichst höchsten Zins, egal womit und mit wem dieser erzielt wurde, hat zu den größten Verlusten geführt und sich damit selbst ad absurdum geführt“, sagt Jorberg. „Dass es sozial und ökologisch fragwürdig ist, das war vielen klar. Aber dass es auch ökonomisch unsinnig sein kann, war eine neue Erfahrung für viele. Das hat viele zum Handeln gebracht. Und damit zu uns.“

Dennoch kämen die neuen Kunden nicht aus Angst vor Absturz in die Armut. "Unsere Wahrnehmung ist, dass wenige aus Angst zu uns kommen. Angst ist ein schlechter Ratgeber. Ich erlebe, dass mehr Menschen sich bewusst machen, dass es Zusammenhänge gibt zwischen der eigenen Geldanlage - und wie die Welt aussieht."

Aus Jorbergs Sicht hat die Gesellschaft in der Vergangenheit "eine Bewusstseinsmauer zwischen unserem Bedürfnis gezogen nach dem höchsten Zins und dem anderen Bedürfnis, eine sozialere und umweltbewusstere Gesellschaft zu haben."

Für ihn ist es eine "Bedürfnisschizophrenie, wenn man zur Bank geht, sich nur für die Höhe des Zinses interessiert und trotzdem in einer intakten Natur leben will." Wer sich selbst nur für den höchsten Zins interessiere, brauche sich auch nicht wundern, wenn er von einer Bank provisionsgetrieben bedient werde.

In dem sonntaz-Gespräch diskutiert Jorberg auch über ökosoziale Investitionen und nachhaltiges Anlegen, über Freiheit und Gier sowie über Billigflüge und fair produzierte Panzer.

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14 Kommentare

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  • SW
    Stefan Wehmeier

    "Ich glaube - und hoffe - auch, dass Politik und Wirtschaft in der Zukunft nicht mehr so wichtig sein werden wie in der Vergangenheit. Die Zeit wird kommen, wo die Mehrzahl unserer gegenwärtigen Kontroversen auf diesen Gebieten uns ebenso trivial oder bedeutungslos vorkommen werden wie die theologischen Debatten, an welche die besten Köpfe des Mittelalters ihre Kräfte verschwendeten. Politik und Wirtschaft befassen sich mit Macht und Wohlstand, und weder dem einen noch dem anderen sollte das Hauptinteresse oder gar das ausschließliche Interesse erwachsener, reifer Menschen gelten."

     

    Arthur C. Clarke

     

    Ob Politiker oder Theologen die dümmsten Menschen der Welt sind, ist eine müßige Frage. Sicher ist, dass für beide Berufsgruppen nur solange eine Nachfrage besteht, wie das arbeitende Volk daran glaubt, die Vertreibung aus dem Paradies müsse ein einmaliges Ereignis vor langer Zeit gewesen sein. Herzlich Willkommen im 21. Jahrhundert:

     

    http://www.deweles.de/willkommen.html

  • EP
    Elfriede Puppe Nehls

    Hier noch der Link zum -Aufruf zur Alternative- von Josef Beuys

    www.impuls21.net/pdf/aufruf_zur_alternative.pdf -

    www.impuls21.net

  • EP
    Elfriede Puppe Nehls

    Meinem vorausgehenden Kommentar möchte ich hinzufügen, daß der berühmte immer noch aktuelle -Aufruf zur Alternative- von Joseph Beuys vom 23.12.1978 in der Frankfurter Rundschau in den Zusammenhang dieser Kommentare gehört.

  • EP
    Elfriede Puppe Nehls

    Das Geld regiert die Welt - doch wer regiert das Geld?

     

    Gerne möchte ich noch heute studieren, was Herr Dr. Ludwig Paul Häußner mit den 3 Links angeboten hat.

     

    Ich denke, daß kleinkarierte Anschuldigungen, wie sie in den Kommentaren teilweise angeworfen werden, der gigantischen Finanzkrise überhaupt nicht angemessen sind. Dagegen würde ich dafür plädieren, folgende qualifizierte Diskussion mit einzubeziehen, denn wir brauchen sicherlich eine Neue Soziale Architektur!

     

    FINANZ- UND SCHULDENKRISE:

    http://www.volksgesetzgebung-jetzt.de/der-grosse-ratschlag

  • AW
    Axel Wartburg

    Die GLS-Bank eine Sozialbank?

     

    Wer schreibt einen solchen Unsinn?

     

    Sozial ist für mich eine Bank, die jedem ermöglicht bei ihr Kunde zu werden.

     

    Eine Bank jedoch, die solche, welche unregelmäßige Einkünfte und eine "negative Schufa" haben als Kunden auch dann ablehnt, obwohl er nur ein Konto auf Guthaben-Basis wünscht, ihm dann jedoch ein Tagesgeld-Konto einräumt, ist für mich sozial höchst fragwürdig!

     

    Das sieht mir eher aus wie: "Wir wolen dich nicht, aber dein Geld." Und das ist, meine ich, Kapitalismus pur und hat nichts, aber auch gar nichts mit Anthroposophie oder einer sozialen Geisteshaltung zu tun.

  • A
    Anton

    @Peter: so ein Quatsch - im Gegensatz zur Sparkasse ist die GLS (auch) eine Direktbank, schon deshalb gilt ein anderes Mitarbeiter-pro-Kunde-Verhältnis.

    @Andreas: wo siehst Du da Nationalismus? und wo (heute) Anthroposophen? Beides hat mit der GLS 2010 wenig zu tun.

  • H
    harun

    solche menschen wie thomas jorberg lassen hoffen: zwar sind für sie nach wie vor die ökonomischen fetische ware,geld, kapital undurchschaut- aber sie schaffen immerhin einen kritischen, human orientierten abstand zu diesen. damit nehmen sie deren fetischgesetzlichkeit einen teil ihrer zwangs- wirkung und fördern so den primat von sozialethik und politik vor der kapitalistischen naturwüchsigkeit, wenigstens punktuell u. kurzzeitig. das ist sehr respektabel.

    um diesen primat dauerhaft herzustellen, müßte das komplettiert werden durch eine wissenschaftliche durchdringung der strukturen dieser ökonomischen fetisch-gewalten u n d ,daraus folgend, das anstreben einer fetisch-freien organisation von produktion und gesellschaft, wie sie etwa heinz dieterich (sozialismus d.21.jh.) skizziert hat.

    ohne diese konsequenz wird das kapitalistische "monstrum"( metapher deutet an: das "ding" ist undurchschaut und gewalttätig) vermutlich immer wieder das primat von sozialethik und politik unwirksam machen und sich und uns alle früher oder später welt-zerstörerisch in den abgrund reißen.

  • P
    Peter

    ... so sprach der Chef der Bank, die weitaus mehr Kunden pro Mitarbeiter hat als jede Sparkasse. Kapitalismus, profitorientiert, aber mit großer PR-Abteilung und dummen Kunden, die sich in die Tasche lügen sodass sich def Chef und die seinen ihre füllen können.

  • R
    Ron777

    Nach dem Wahnsinn des Griechenland-Hilfspaketes, kommt jetzt der Supergau: Die Kommission soll künftig bei drohender Zahlungsunfähigkeit eines Landes (Spanien, Portugal, Italien, Irland usw.) am Kapitalmarkt Kredite für diese strauchelnden Euro-Länder aufnehmen können. Um Himmels Willen: Sieht denn keiner der Politiker, dass wir für diese Schulden aufkommen müssen, wenn der Euro - und es wird so kommen - zusammenbricht? Wir Deutschen müssen dann diesen Schuldentrümmerberg anteilig - also ca. 30 Prozent - abbezahlen. Welch ein galaktischer Irrsinn!!! Was hier mal eben in einer Nacht- und Nebelaktion beschlossen wird, ist der K.O. unseres Rentensystems, unseres Wohlfahrtstaates, unserer Zukunft.

  • VI
    von Inge

    Selten lese ich Interwiews. Meist, weil die Fragen nicht meine Fragen sind. So auch hier: Herr Unfried möchte Herrn Jorberg provozieren, zeigt aber kein wirkliches Interesse an der Arbeit der GLS-Bank. Warum fragt er nicht nach konkreten Projekten, z.B. der Unterstützung von Wohnprojekten, Regenerativen Energieerzeugern etc.?

    Fragt mal, wieviele AZUBIs die Bank ausbildet? 10 pro Lehrjahr werden eingestellt, alle übernommen. Es soll ein Bio-Boden Genussschein Schorfheide aufgelegt werden, um die biologische Landwirtschaft in der Schorfheide zu sichern. Und vieles mehr.

     

    Die Fragen in diesem Interview sind keine, die echte und interessante Informationen über die GLS-Bank herauslocken.

  • T
    Teich

    Das hoert sich wunderbar an, vor allem wenn man dann sagen kann, man habe es schon immer gefordert, realistisch ist es erst, wenn die USA mitmachen. Vorher ist die Forderung nur Wichtigtuerei. Es gibt niemanden, der solche Regulierungen nicht gerne haette, ausser denen, die in den USA den Ton angeben und ihren Helfershelfern.

     

    In Europa kann eine solche Regulierung nur heissen, dass sich europaeische Banken daran halten, denen dann im Fall einer Krise geholfen werden koennte. Aber warum soll man Banken ueberhaupt helfen?

  • A
    Andreas

    ..selten so duemmliche Einlassungen zum Thema gelesen, die Anthroposophen-Bank paart ihren Nationalismus mit kruden ad-hoc-Theorien zum wahren Grund der Ausbeutung der Umwelt, das ist zu hanebuechen, rechtspopulistisch und dumm, um es im Detail zu kommentieren.

  • DL
    Dr. Ludwig Paul Häußner

    Finanzkrise ist Problem der Geld- und Bodenordnung

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    Solange das Dauer-Geld ein unreeller Konkurrent zu den verderblichen Waren ist, wird jeder der "Liebe zur Liquidität" anhängen (J. M. Keynes).

     

    Was wundert ist, dass Herr Jorberg das GLS im Namen seiner Bank nicht erläutert - nämlich Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken.

     

    Das Geld hat eben drei Funktionen: Kaufen - Sparen/Leihen - Schenken.

     

    Durch die derzeitige Geldordnung wird die dritte Geldfunktion - das Schenken - praktisch (auf mikro- wie makroökonomischer Ebene) ausgeblendet.

     

    Die Folge ist, dass sich das Dauer-Geld im Boden regelrecht staut (Stichwort: Immobilienblase), da der Boden mit Hilfe des Zinses kapitalisiert und im Rahmen der Eigentumsordnung privatisiert - und damit zu Ware gemacht werden kann.

     

    Eine tiefschürfende Analyse der Finanz- und Wirtschaftskrise liefert der Volkswirt und Geldtheoretiker Eckard Behrens unter folgenden Links:

     

    http://www.sffo.de/sffo/Das_Goetheanum_2008-02-15_Ungewohnter-Reichtum.pdf

     

    http://www.sffo.de/sffo/Das_Goetheanum_2008-02-22_Immobilienblase.pdf

     

    http://www.sffo.de/sffo/Das_Goetheanum_2008-02-28_Unheilige_Allianz-Kapital_und_Boden.pdf

     

     

    Weitere Infos unter: www.sffo.de

     

     

    Die GLS Gemeinschaftsbank eG. ist ein Spross der anthroposophisch orientierten Sozialwissenschaft (vgl. Nationalökonomischer Kurs von Rudolf Steiner). Insofern wäre es wünschenswert gewesen auf diese Inspirationsquellen für die reale Bankarbeit zu verweisen.

     

    L.P. Häußner, Karlsruhe

    Mitglied der GLS Gemeinschaftsbank eG

  • M
    Moralapostel

    Die GLS-Bank versteht sich schon immer auf die gewinnträchtige Verbindung von moralischen Schlagworten und finanziellem Profit.