GEHT’S NOCH?: Aber die Eisbärenbabys
Der Klimawandel wütet wild und nimmt keine Rücksicht auf Kollateralschäden. Leichen pflastern seinen Weg
Am Anfang war die Erde wüst und leer. Alles war Tohuwabohu und schleimige Ursuppe. Glaubt man den Klimaforschern, den Kassandras dieser Tage, dann sieht das bald wieder so ähnlich aus. Der WWF lässt verlauten, dass die Erde bis zum Jahr 2100 unter 3 Grad mehr zu schwitzen haben wird. Der Schweiß wird nicht ablaufen, sondern wir werden in riesigen Lachen ertrinken. Ein Viertel der Weltbevölkerung soll bis dahin von Überschwemmungen betroffen sein.
Am Anfang spotteten wir kokett: Was sollte man dagegen haben, wenn der deutsche Winter etwas milder würde? Zumal weder Dürren noch Überschwemmungen Mitteleuropäer als Erste betreffen. Trotzdem wird es Zeit, misstrauisch zu werden. Jetzt schon nämlich setzt der Klimawandel uns seine immer heißer werdende Hand an die Gurgel und berührt uns da, wo wir uns treffen lassen: Er tötet die Tiere, die uns lieb sind.
Letzte Woche erst hat der Klimawandel eine süße kleine Ratte ermordet. Eine untergehende Insel war ihr Lebensraum. Verlassen konnte sie sie nicht. Statt also nur diffus zu schwemmen, die Temperaturen etwas milder werden zu lassen, rottet er kleine Nager mit Stupsnäschen aus. Auch der Eisbär, 2007 des Menschen liebstes Tierbaby, fühlt die Bedrohung. Auf abgetrennten Eisschollen treibt er abgemagert durchs Meer. Der Klimawandel hat seine blutige Hand im Spiel.
Zwar bleibt dem Eisbären noch der Exodus gen Kanada. Dort kann er sich mit den Grizzlys fortpflanzen. Die Hybriden aber, die dabei entstehen, heißen „Pizzlys“, sind grau-braun gefleckt, unförmig gestaltet und viel zu groß für ein Landsäugetier. Der Klimawandel spielt mit der Natur, wild führt er Spezies zusammen, die eigentlich nicht miteinander in Berührung kommen sollten. Man zähle nur die Toten durch Schlangenbisse im Äquatorbereich.
Gleichzeitig verhöhnt uns der Klimawandel und zeigt uns jeden Tag aufs Neue auf, wie unfähig wir sind, zusammenzuarbeiten. Klimakonferenzen auf der ganzen Welt führen zu nichts. Kioto, Bonn, Neu-Delhi: Immer wieder wird offenbar, was nicht klappt. Und das, während Ratten ersaufen und Eisbärbabys leiden. Infam!
Auf unseren 4x4-Turbo-SUV mit Lachgaseinspritzung möchten wir aber trotzdem nicht verzichten
Robert Hofmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen