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GATT: Welthandel verliert an Dynamik

■ Welthandelsorganisation sorgt sich um Währungsturbulenzen und US–Defizit

Genf (afp/dpa) - Das Volumen des Welthandels ist im vergangenen Jahr um 3,5 Prozent gestiegen. Für 1987 wird mit einer Zunahme um nur 2,5 Prozent gerechnet. Dies geht aus dem in Genf veröffentlichten Jahresbericht des Allgemeinen Zoll– und Handelsabkommens (GATT) hervor. Der Welthandel belief sich 1986 auf 2.110 Mrd. Dollar und lag damit wertmäßig erstmals über zwei Billionen Dollar. Dies entspricht einem Zuwachs um 10 Prozent, dem höchsten seit 1980, als er 21,5 Prozent betrug. Hauptgrund für diesen Anstieg ist der Kursverfall des Dollars um 17 Prozent gegenüber seinem Mittelwert von 1985. Im traditionell als dynamischster Sektor geltenden Handel mit Fertigprodukten wurde der geringste Zuwachs seit 30 Jahren verzeichnet, wenn man von den Rezessionsjahren 1958, 1975 und 1982 absieht. Dies ist nach Ansicht der GATT–Experten auf das gebremste Wirtschaftswachstum in den Industrieländern und die geringeren Grundstoffexporte der Entwicklungsländer zurückzuführen, was zu einem Nachfragerückgang bei Fertigprodukten in diesen Ländern führte. Die Fertigwarenexporte der Entwicklungsländer zogen hingegen um 13 Prozent an und erreichten 170 Mrd. Dollar. Sie lagen damit über den Ausfuhren von Brennstoffen (130 Mrd. Dollar) und anderen Grundstoffen (100 Mrd. Dollar). Diese Entwicklung verhinderte jedoch nicht, daß der Anteil der Entwicklungsländer am Welthandel von 23 auf 19 Pro zent sank. Laut GATT liegt der Hauptgrund dafür im Preisverfall des Erdöls, der durch den Anstieg der Erdölexporte nicht gänzlich aufgefangen werden konnte. Der wertmäßige Anteil der westlichen Industrieländer am Welthandel lag bei 70 Prozent (66 Prozent 1985) und der der sozialistischen Länder bei elf Prozent (unverändert). Sorgen für die zukünftige Handelsentwicklung bereiten den GATT–Experten die Schwierigkeiten europäischer Länder und Japans, ihre Produktions– und Arbeitsmarktstrukturen den gewaltigen Veränderungen der Wechselkurse anzupassen. In anderen Ländern, vor allem den USA, besteht die große Gefahr einer wachsenden Inflation und einem Währungsverfall. Die zunehmende Verschuldung könne sich als weiteres Hemmnis für die Welthandelsentwicklung auswirken. Schließlich besteht nach Ansicht des GATT– Sekretariats auch die Gefahr, daß das Defizit der USA eine „Eskalation von Maßnahmen und Gegenmaßnahmen“ auslöst, die zu einer weltweiten Schrumpfung der Märkte führen würde.

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