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GASTKOMMENTARFluchtburgen

■ Gewerkschaftshäuser könnten Zentren für Verfolgte werden

Die gegenwärtige Welle der Gewalt gegen Flüchtlinge und EinwanderInnen kann eine gefährliche Dynamik entwickeln. Mit der Zahl der Opfer steigt bei ZuschauerInnen und TäterInnen die Gewöhnung an die Verletzung von Menschenrechten. Ist dieser Konsens über die selbstverständliche Geltung von Bürger- und Menschenrechten erst einmal aufgebrochen, steht die Demokratie selbst auf dem Spiel.

Die Gewerkschaften haben seit dem Aufbrechen offener Gewalt Appelle gegen die Fremdenfeindlichkeit verabschiedet, man hat die Mitglieder zu couragiertem Verhalten ermuntert und die Beteiligung am Schutz der Flüchtlingsunterkünfte empfohlen. Nur langsam kommen auch andere Vorschläge ins Gespräch, z.B. die Aktion „Fluchtburg“. Fast überall in Deutschland gibt es Gewerkschaftshäuser und gewerkschaftliche Bildungseinrichtungen, die angegriffenen und bedrohten Menschen als erste Anlaufstelle dienen könnten.

Die Programmatik des DGB läßt keinen Zweifel daran, daß die Gewerkschaften die Verteidigung und die Herstellung von Bürger- und Menschenrechten zu den Voraussetzungen ihrer gesellschaftlichen Existenzberechtigung zählen. So heißt es in der Präambel des 1981 verabschiedeten Grundsatzprogramms, daß die Gewerkschaften eine Gesellschaftsordnung erstreben, „in der die Würde des Menschen geachtet wird“, und sie fordern „die Verwirklichung der Menschenrechte entsprechend der Erklärung der Vereinten Nationen in allen Teilen der Welt“. Beginnen könnten GewerkschafterInnen damit, daß man den vor Ort teilweise völlig überlasteten OrganisatorInnen von Telefonketten und Mahnwachen Druckmöglichkeiten, Geld und die Betreuung durch die Presseabteilung zur Verfügung stellt. Das soll dafür sorgen, daß sich die Zahl der BürgerInnen, die zur vorübergehenden Aufnahme von bedrohten Menschen bereit sind, die sich an Mahnwachen beteiligen und die Presse und Polizei über Angriffe informieren etc., vervielfacht. Wo nötig, können Gewerkschaftshäuser als vorübergehender Zufluchtsort dienen.

Die Entfaltung solcher lokalen Aktivitäten könnte noch vervielfacht werden, wenn die Vorstände der Einzelgewerkschaften und des DGB vor Ort und zentral ausdrücklich ihre Häuser mit dem Symbol der bereits bekannten Kampagne „Mach meinen Kumpel nicht an“ zu Fluchtburgen erklären. Und wenn sie öffentlich ihre Bereitschaft signalisieren, die entsprechenden materiellen Voraussetzungen zu schaffen und mit „SOS-Rassismus“ und anderen zusammenzuarbeiten. Neben dem konkreten Schutz für die angegriffenen und bedrohten Menschen wäre hier auch die symbolische Wirkung wichtig. Ohne das alltägliche, öffentliche, praktische, sichtbare, ermutigende „Mach meinen Kumpel nicht an“ ist nicht nur die Gefahr steigender Übergriffe und Opfer groß. Die selbstverständliche Geltung von Bürger- und Menschenrechten für alle könnte in Frage gestellt werden. GewerkschafterInnen verteidigen mit den Bürger- und Menschenrechten ihre eigene Existenzgrundlage. Anderson/Jander

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