GASTKOMMENTAR: Verpflichtung
■ Jüdisches Eigentum im Osten muß zurückgegeben werden
Es gehört zur Negativ-Bilanz des Einigungsvertrages, daß die Rückgabe jüdischen Eigentums gänzlich unzulänglich geregelt worden ist. Offenbar gab es im Sommer 1990 eine stillschweigende Übereinkunft, diese Frage auszuklammern. Bei einer Nachbesserung des Vertrages müßte dies vor anderem geklärt werden. Es ist unerträglich, daß heute Westdeutsche von Ostdeutschen Besitz zurückfordern können, den ihre Großeltern oder Eltern während des Dritten Reiches wohlfeil von emigrierenden Juden oder nach erfolgter „Arisierung“ erworben haben. Wenn es Nachfragen jüdischer Besitzer gibt, haben sie natürlich Anspruch auf Entschädigung oder, sofern dadurch nicht neues Unrecht geschieht, auf Rückgabe.
Zu schützen sind aber auch diejenigen, die zu DDR-Zeiten im guten Glauben ein Grundstück oder ein Haus erworben und unter großem persönlichem Einsatz renoviert haben. Dann sollten die Vorbesitzer entschädigt werden, und ich denke, daß die Nachfahren jüdischer Familien ein Verständnis für diese besondere Situation haben werden. Natürlich muß jüdischer Gemeindebesitz der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland zurückgegeben werden. Wo das nicht möglich ist, muß entschädigt werden. Es gibt in Ostdeutschland ja sogar jüdische Friedhöfe oder Grundstücke, auf denen einmal Synagogen gestanden haben, die von der SED bebaut oder zweckentfremdet genutzt wurden. Zur Versöhnungsbereitschaft der Deutschen gehört, daß erlittenes Unrecht, wo es möglich ist, wieder gutgemacht werden soll. Und selbst wenn das Milliarden kosten mag, sind wir dazu verpflichtet. Das ist nicht zuerst eine Frage des Geldes, sondern eine der Menschlichkeit und der demokratischen Kultur. Konrad Weiß
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