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GABRIELE LESSER ÜBER DIE WAHL IN POLENLiebesgrüße nach Moskau

So rechts wie am Sonntag haben die Polen noch nie gewählt. Alle linken Parteien flogen aus dem Parlament. Die absolute Mehrheit gewann die rechtsnationale Recht und Gerechtigkeit (PiS), die in gut einem Monat die neue Regierung Polens stellen wird. Damit nicht genug gaben Polens Wähler auch noch der rechtsradikalen Bewegung Kukiz’15 des Rocksängers Paweł Kukiz so viele Stimmen, dass die Rechtsradikalen nun drittstärkste Kraft im polnischen Parlament sind.

Für die EU ist das ein fatales Zeichen. Denn Polens Nationalisten nehmen zwar gern das Geld aus Brüssel an – bis 2020 rund 105 Milliarden Euro an Zuschüssen –, wollen aber ansonsten möglichst wenig mit der EU zu tun haben. Mehrfach kritisierte der PiS-Parteichef Jarosław Kaczyński in der Vergangenheit die bisherige EU- Außenpolitik (und die der abgewählten polnischen Regierung) als „Verrat“, als ein „Auf- den-Knien-Rutschen vor den Deutschen“ oder als „Feigheit vor dem Diktat aus Brüssel.“

Im Wahlkampf kurbelte Kaczyńs­ki die Angst vor der „Migrantenwelle“ an, die man gar nicht erst ins Land „schwappen“ lassen sollte. Stattdessen solle sich Polen an die Spitze der aus Ungarn, Tschechen, Slowakei und Polen bestehenden Visegrád-Gruppe setzen und Front machen gegen Brüssel, Berlin und Paris. Aufrufe zur Solidarität innerhalb der EU pariert die PiS gerne mit einen Gegenaufruf zur EU-Solidarität mit Polen gegen die Deutschen, die mit den Russen die Nordstream-Gas-Pipeline II durch die Ostsee bauten.

Das Gasgeschäft dient der PiS als Beweis dafür, dass Russen und Deutsche nach wie vor die Erzfeinde Polens seien: dass ein großer Teil der EU-Milliarden für Polen aus Deutschland stammt, verschweigt die PiS. Der lachende Dritte beim bevorstehenden EU-Flüchtlingsstreit mit Polen sitzt in Moskau. Denn mit einer Kaczyński -Regierung wird die EU noch ein bisschen schwächer und instabiler, als sie heute schon ist.

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