Fußballstar Ailton ohne Verein: Star sucht Bleibe
Ailton, Ex-Torschützenkönig der Bundesliga, ist wieder mal auf Vereinssuche. Nun ist er auch beim SC Rheindorf Altach, dem Tabellenletzten in Österreich, gescheitert.
Über die Weihnachtstage ist alles wie immer bei Ailton Goncalves da Silva. Seine Familie, sein Clan, seine Freunde sind in Mogeiro wieder auf der Ranch des Fußballstars vereint. Hier im Bundesstaat Paraíba zeigt das Thermometer selten weniger als 30 Grad an, man reitet, feiert und lacht zusammen. Doch vieles ist dieser Tage leider nur schöner Schein. "Es geht Ailton zwar gut", sagt Horst Zangl, "aber richtig glücklich wird Ailton erst wieder, wenn wir sein Problem lösen." Das Problem ist ein bekanntes: Der Rodeoreiter und Torjäger weiß heute noch nicht, wo er morgen stürmt.
Österreich oder Ukraine? Asien oder Südamerika? Bei diesen Fragen tut sich auch sein neuester Interessenvertreter schwer. Zangl: "Wir suchen die nächsten Wochen nach einem neuen Verein." Was nicht so einfach wird: Bis Ende 2009 steht der überall nur "Toni" genannte Profi noch bei Metalurgs Donezk unter Vertrag, will dorthin aber nie mehr zurückkehren. "Es ist ihm dort zu kalt, es fehlt in der Ukraine an allem, was das Leben für Ailton ausmacht", erklärt Zangl.
Der 34-jährige Agent fungiert mittlerweile als freundschaftlicher Berater des 35-jährigen Profis - der gebürtige Steirer ist mit einer Brasilianerin verheiratet, lebt seit neun Jahren in Campinas im Bundesstaat São Paulo und hat sich darauf spezialisiert, Brasilianer in die österreichische Liga zu bringen. Ailton, der ehemalige Torschützenkönig von Werder Bremen (2004), war sein größter Coup. "Ich habe ihn damals daheim besucht, als er in Donezk gescheitert war, und ihm gesagt: Ich bringe dich nach Österreich." Wovon sich der ehemalige Kugelblitz überzeugen ließ.
Nach nur zwei Spielen in der ukrainischen Liga hatte Ailton ja schon genug - die Vertragsunterschrift im August dieses Jahr beim SC Rheindorf Altach war für Spieler wie Verein ein gewagtes Experiment. "Wir wussten ja, dass dieser Mann auf dem Platz genauso unberechenbar ist wie außerhalb", sagt Christoph Längle, Geschäftsführer in Altach, einem 5.000-Seelen-Dörfchen in Vorarlberg. Unzufrieden war man im Ländle nicht. "Dank Ailton hatten wir eine erstklassige Berichterstattung." Der Provinzklub blieb allerdings trotz seines neuen Stars nur zweitklassig - man überwintert als Tabellenletzter und zwischenzeitlich konstatierte Ailton, Altach sei gar keine Profimannschaft.
Im gelb-schwarzen Dress erzielte er immerhin noch sieben Treffer, davon drei Elfmeter, doch immer wieder gab es Stress mit seinem Schweizer Trainer Urs Schönenberger, der kürzlich über Ailton lästerte: "Ich weiß nicht, ob er vielleicht einfach keine Lust mehr hat." Der Egozentriker hatte ausgerechnet die letzten zwei Auswärtsspiele, zu denen es stundenlang mit dem Bus gegangen wäre, wegen Nackenproblemen versäumt. Man könne sich seinen Teil denken, giftete Schönenberger. "Und alle Einheiten beim Training hat er auch nicht immer mitgemacht", gesteht Längle.
Das klingt nach Altbekanntem - Ailton hat sich mal wieder ins Abseits manövriert. Und der Lebemann, der mit seiner Frau Rosalie und den Kindern eine schmucke Penthouse-Wohnung in Feldkirch bezogen hatte, hat die Alpenrepublik längst mit Sack und Pack verlassen. Denn in Altach haben sie im Grunde den Daumen gesenkt, was die Verlängerung des am 31. Dezember auslaufenden Leihvertrages angeht. Längle: "Das würde nur gehen, wenn Ailton bereit wäre, sich wirklich noch zu quälen und an gewisse Spielregeln zu halten."
Das aber erscheint, vorsichtig formuliert, schwierig, betrachtet man seine bewegte Vita: Auf Schalke war man seine Eskapaden nach der Saison 2004/2005 leid, bei Besiktas Istanbul war seine spektakulärste Tat ein vom Manager am Flughafen vereitelter Fluchtversuch, die Ausleihe 2006 zum Hamburger SV währte nur ein halbes Jahr, in Istanbul absolvierte er danach nur Einzeltraining und bei Roter Stern Belgrad hielt er es ebenso nur kurz aus wie bei den Grashoppers Zürich. Beim letzten Neuanfang auf deutschem Boden, dem Gastspiel 2007 beim MSV Duisburg, wurde ihm die obligatorische Verspätung aus dem Winterurlaub neben der fehlenden Fitness zum Verhängnis.
Wie es weitergeht? "Am liebsten würde er noch mal nach Deutschland gehen", sagt Zangl, "und am allerliebsten zurück zu Werder Bremen. Da würde Ailton sogar in der zweiten Mannschaft spielen!" Dummerweise ist diese Variante so wahrscheinlich wie morgen ein Schneesturm in Mogeiro.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!