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Fußballspielen gegen die Sucht

■ Henning Voscherau beschirmt eine neue Präventionskampagne Von Heike Haarhoff

Wie bekämpft man die Ursachen der Sucht von 60. 000 AlkoholikerInnen, 10. 000 Heroinabhängigen allein in Hamburg und unzählbaren anderen Menschen, die unter Eß-, Nikotin- oder Spielsucht leiden? Die Hamburger Landesstelle gegen die Suchtgefahren und das Landesbüro für Suchtprävention starteten gestern als Antwort auf die Frage eine großangelegte, 300 000 Mark teure Kampagne zur Suchtvorbeugung unter Schirmherrschaft des Ersten Bürgermeisters Henning Voscherau.

Das Motto „WIR! Handeln, bevor Sucht entsteht“ „zielt darauf ab“, so die Leiterin des Landesbüros für Suchtprävention, Monika Püschl, „daß Menschen für Suchtgefahren sensibilisiert werden und sich für ihre Bekämpfung verantwortlich fühlen.“ Dazu werden ab der kommenden Woche rund 500 Plakatflächen in Hamburg mit Sprüchen wie „Halt's Maul“, „Hau ab“ oder „Du Schwein“ beklebt.

Denn: „Sucht entsteht im täglichen Umgang von Menschen, die sich unterdrücken“, erklärte Gerd Rakete von der Landesstelle gegen die Suchtgefahren. Die Sprüche sollen provozieren und zum Nachdenken über Haltungen in der Gesellschaft anregen. Vor allem das Verhalten von Jugendlichen und Kindern soll so frühzeitig beeinflußt werden. Denn es gilt eine biologische Barriere zu überwinden: Wer bis zum Alter von 25 nicht mit dem Rauchen angefangen hat, tut dies später nur noch selten.

Als Ursachen von Sucht nannte Suchtexperte Gerd Rakete sowohl individuelle als auch gesellschaftliche Probleme wie Anonymität, ungeklärte Sinnfragen, Leistungsdruck und Konkurrenz. Daß diese nicht allein mittels einer Plakataktion überwunden werden können, weiß auch Sucht- und Drogenpolitiker Henning Voscherau: „Das geht nicht per Order.“ Er erhoffe sich aber eine „neue Wertedebatte“ im Hinblick auf „eine demokratische, solidarische Leistungskultur.“

Die Kampagne nimmt „bewußt Abstand vom Prinzip der lustfeindlichen Abschreckungsideologie“, sagte Gerd Rakete. Skelette und Raucherbeine werden nicht mehr mit dem erhobenen Zeigefinger ausgestellt. Stattdessen werden „lebensbejahende Konzepte“ verfolgt: Die AOK, die sich an der Suchtprävention beteiligt, organisiert bis September zwölf Straßenfußballturniere für Zehn- bis 18jährige, die „dann gar keine Lust mehr auf Drogen haben, weil sie sinnvoll beschäftigt sind“, so Karin Schwemin von der AOK Hamburg. Das erste Spiel beginnt am Freitag im Volksparkstadion. „Vielleicht sehen Sie dann mal anständigen Fußball“, warb HSV-Spieler Jörg Albertz für die Kampagne des Präventionsbüros.

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