Fußballdesaster in Ägypten: Fünf Tote bei Krawallen in Port Said
Die Verlegung von 39 Gefangenen löste in der Nacht zu Montag Proteste aus. Für Samstag werden weitere Urteile im Fall der tödlichen Fußballkrawalle 2012 erwartet.
KAIRO/BERLIN afp/taz | Bei Ausschreitungen in der ägyptischen Stadt Port Said sind nach Regierungsangaben fünf Menschen getötet worden. Zudem wurden bei den Protesten in der Nacht zum Montag gegen die geplante Verlegung von Häftlingen fast 600 Menschen verletzt, wie die Sicherheitskräfte mitteilten.
In Port Said schossen Unbekannte nach Angaben des Innenministeriums vor einer Polizeistation wahllos um sich. Zwei Polizisten seien getötet worden. Dem Gesundheitsministerium zufolge starben auch drei Demonstranten. Zuvor hatten Demonstranten das Polizeirevier mit Steinen und Molotowcocktails beworfen. Die Polizei setzte Tränengas ein.
Am Montag nachmittag nahmen Tausende Menschen an den Trauerfeierlichkeiten für die drei getöteten Demonstranten teil. Sie riefen Parolen gegen die Regierung und das Innenministerium und forderten den Rücktritt von Präsident Mohammed Mursi. Das Fernsehn berichtete live über die Beerdigung.
Die Auseinandersetzungen entzündeten sich an der Entscheidung des Innenministeriums, 39 Häftinge aus der Stadt zu verlegen. Als Grund gab das Ministerium an, Unruhen vermeiden zu wollen. Bei den Häftlingen handelt es sich um Verurteilte und Angeklagte in den Prozessen um tödliche Fußballkrawalle in Port Said im Februar 2012. Damals waren 74 Menschen ums Leben gekommen.
52 ausstehende Urteile
Am kommenden Samstag sollen die bereits gefällten Urteile bestätigt werden. Außerdem sollen 52 noch ausstehende Urteile gesprochen werden. Letzteres betrifft auch neun Angehörige der ägyptischen Sicherheitskräfte.
Im Zusammenhang mit der juristischen Verfolgung der Verantwortlichen für die Krawalle gibt es seit Wochen Auseinandersetzungen. Todesurteile gegen 21 Angeklagte am 26. Januar, die meisten von ihnen Fußballfans aus Port Said, führten zu schweren Unruhen mit 42 Toten, darunter zwei Polizeioffiziere. Seit drei Wochen gibt es zudem einen Generalstreik in der Stadt.
Unterdessen veröffentlichten vier Menschenrechtsorganisationen, darunter Human Rights Watch, am Samstag einen Bericht über die Vorfälle am 26. Januar, in dem der Polizei außergerichtliche Tötungen vorgeworfen werden. Dort heißt es, die Polizei hätte zu schießen begonnen, als sie selbst beschossen wurde, hätte jedoch weiter gefeuert, als der Beschuss aufhörte. Auch in den folgenden beiden Tagen hätten Polizisten mit scharfer Munition auf Demonstranten geschossen. Kein Polizist sei deswegen angeklagt worden.
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