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FußballMessico 2007

In Argentinien beginnt die Verehrung eines neuen Genies. Lionel Messi verzaubert die Fans bei der Copa América.

Die zehn Finger des neuen Fußballgotts: Lionel Messi freut sich

BUENOS AIRES taz Copa América, Halbfinale, Argentinien gegen Mexico. Gut eine Stunde ist gespielt, Carlos Tévez lässt den Ball nach rechts weiterlaufen. Lionel Messi stoppt das Zuspiel, läuft zwei, drei Schritte Richtung Strafraum und hebt die Kugel sanft und gefühlvoll über den herausgeeilten Keeper ins Netz. "Nur ein Genie macht ein solches Tor", kommentiert Alfio Basile. Er muss es wissen. Der Coach der argentinischen Nationalmannschaft hat bisher als Einziger Maradona und Messi trainiert.

Im Halbfinale setzte er erfolgreich auf das Gespann Tévez-Messi-Riquelme. Nach einer Freistoßvorlage von Juan Román Riquelme ging Argentinien 1:0 durch Gabriel Heinze in Führung. Es folgte der Heber von Messi. Riquelme stellte schließlich per Strafstoß den 3:0-Endstand her. Argentinien steht im Endspiel der Copa América. "Messico 86", schlagzeilte am Tag danach das argentinische Fußballblatt Olé.

Mexiko 1986, Argentinien wird mit Diego Maradona Weltmeister. Im Viertelfinale hatte Diego mit dem Jahrhunderttor und der "Hand Gottes" die Engländer nach Hause befördert. Beide Tore hat Messi bereits kopiert: Am 18. April dribbelte er im Spiel seines FC Barcelona gegen Getafe wie weiland Maradona durch die gegnerische Hälfte und schoss ein. Knapp zwei Monate später flogen Kopf und Hand gleichzeitig Richtung Ball, und die Kugel landete im Tor des Lokalrivalen Espanyol. Olé meint: Messi ist der "Maradona des 21. Jahrhunderts".

Messis Biografie ist das Märchen vom sprichwörtlich kleinen Jungen, der ein großer Fußballstar wird. Gut möglich, dass sich Hollywood bereits die Filmrechte gesichert hat. La Pulga - der Floh - wird Lionel Andrés Messi wegen seiner Größe von 1,68 Metern genannt. Eine hormonelle Wachstumsstörung ließ den 1987 in Rosario geborenen Jungen zeitweise nicht wachsen. In einem Werbespot erzählte er kürzlich, wie er deshalb zu flitzen und gleichzeitig seine größeren Spielkameraden auszudribbeln lernte. Nachdem Vater Messi beim damaligen Club Newells Old Boys vergeblich um eine finanzielle Hilfe gegen die Hormonstörung des Sohnemanns nachsuchte, wanderte die Familie 1998 nach Spanien aus. Die große Wirtschaftskrise hatte die Entscheidung befördert.

In Spanien wird der kleine Lionel bei einem Probetraining vom großen FC Barcelona entdeckt. Die Katalanen hatten es dermaßen eilig, dass der Vertrag auf einer Papierserviette unterzeichnet wurde. Seither geht die Karriere des kleinen Messi steil nach oben. Wer ihn haben will, muss außer einer Serviette 150 Millionen Euro bereithalten.

In Argentinien hat ihn jedoch kaum jemand selbst spielen sehen. Das Trikot der "Albiceleste" trug er erstmals im August 2005. Zuvor war er mit der Juniorenmannschaft Weltmeister geworden. Bei der WM in Deutschland kam er nur sporadisch zum Einsatz. Auch das ein Grund, warum José Pekerman so angefeindet wurde und seinen Hut nahm.

Weniger euphorisch äußerte sich der Trainer von Endspielgegner Brasilien. "Der Einzug Argentiniens ins Finale ist verdient", sagte Carlos Dunga. Die Brasilianer hatten sich durch Elfmeterschießen gegen Uruguay ins Endspiel gezittert. Der Titelverteidiger hatte sich im Viertelfinale mit 6:1 souverän gegen restalkoholisierte Chilenen durchgesetzt, musste aber gegen Uruguay zweimal den Ausgleich hinnehmen. "Um ins Finale zu kommen, muss man leiden können," suchte Dunga das Positive.

So kommt es am Sonntag zur Neuauflage des Endspiels von 2004. Damals gewann Brasilien gegen Argentinien im Elfmeterschießen. Aber das war vor Messi. Am Río de la Plata wird deshalb der Beginn einer neuen Zeitrechnung erwartet: Messico 2007.

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