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FußballDieser Diego

Weil der Brasilianer Diego Ribas da Cunha gegen Zagreb viel richtig macht, darf sich Werder Bremen auf die Champions League freuen.

Elfmeter von Diego in Zhagreb. Der Sponsor seiner Schuhe war hier wohl egal Bild: AP

ZAGREB taz Es war ein gehöriger Schreck, der Klaus Allofs da in die Glieder gefahren war. Passiert ja auch nicht alle Tage, dass rücklings eine gewaltige Armbanduhr geflogen kommt, die krachend gegen die schützende Plexiglasummantelung der Ersatzbank fliegt und ein faustgroßes Loch reißt. "Nicht auszudenken", sagte Allofs, "wenn da was passiert." Schließlich saß der Sportchef von Werder Bremen im Maksimir-Stadion von Zagreb genau an der Stelle, wo der Zeitmesser einschlug. "Das ist nicht so schön. Zumal die Uhr jetzt auch nicht mehr geht", sagte der 50-Jährige.

Die Bremer Entourage, die gestern in aller Eile wieder die kroatische Hauptstadt verließ, hatte am Ende ja gut lachen: Dank des 3:2-Erfolgs bei Dinamo Zagreb sind die Hanseaten das vierte Male hintereinander für das Millionenspiel Champions League qualifiziert. "Solche Spiele sind richtungsweisend für unsere sportliche und wirtschaftliche Ausrichtung", konstatierte Allofs, der wusste, bei wem er sich zu bedanken hatte: bei seinem Spielmacher Diego. Allofs: "Er hat sensationell gespielt." Und Trainer Thomas Schaaf befand: "Diego hat viel von seinen Qualitäten gezeigt: Man kann ihm nur gratulieren."

Der 1,74-Meter-Mann ist derzeit die Lebensversicherung eines nicht formvollendeten Ensembles. Der 22-Jährige verwandelte zwei Elfmeter nervenstark (13. und 70. Minute), holte einen selbst heraus und leitete das Tor von Sanogo (39.) ein. So waren die Tore von Ognjen Vukojevic (21.) und Luka Modric (41./Foulelfmeter) für den Gastgeber Muster ohne Wert.

In Abwesenheit verletzter Leistungsträger wie Torsten Frings, Tim Borowski und Clemens Fritz schwingt sich Diego zum dominanten Taktgeber auf. "Dass er Verantwortung übernimmt, hat er schon mit 17 Jahren bewiesen", merkte Allofs an. Damals stemmte Wunderkind Diego Ribas da Cunha als Kapitän des FC Santos (und legitimer Pelé-Erbe) die Meistertrophäe. Diegos Frühform ist umso erstaunlicher, da ihm eine schwierige Startphase prophezeit wurde, diente doch die urlaubsverkürzende Teilnahme an der Copa America nicht eben als motivierende Maßnahme. Nach einer schlechten Halbzeit ließ ihn Nationaltrainer Carlos Dunga fallen. Und wer weiß, wie viel Diego die Seleção bedeutet, in der sein bester Freund Robinho spielt.

Diego ist das brasilianische Perpetuum mobile einer morbiden Mannschaft. "Ihm gebe ich gern den Ball", sagt Nebenmann Daniel Jensen. Weil Diego das Spielgerät beherrscht wie kein Zweiter. In Zagreb fand er zudem den rechten Zeitpunkt für Vollendung oder Vorbereitung. Allofs preist ihn als "absoluten Profi in allen Dingen", er möchte sich "nicht ausmalen, wenn er uns mal fehlt".

Diego ist vertraglich bis 2010 gebunden. Bleibt er so lange? Der Einzug in die Champions League, sagt Allofs, sei letztlich das entscheidende Argument, "dass wir Spieler wie Diego davon überzeugen können". Bei diesem Wettbewerb schaue ganz Europa und halb Brasilien hin, "da will er sich zeigen". Fragt sich nur, in welchen Schuhen: Zur Auseinandersetzung zwischen Adidas und Nike zählt nämlich auch, dass der Herzogenauracher Hersteller kürzlich Bremens Ballzauberer mit einem lukrativen Exklusivvertrag köderte, obwohl Diego eigentlich bis 2011 an den amerikanischen Ausrüster gebunden war. Nike hat nun Diego erfolgreich verklagt - jede Zuwiderhandlung (etwa das Tragen von Adidas-Bekleidung) soll den Profi künftig 50.000 Euro Konventionalstrafe kosten. Seit dem Rechtsstreit vor einem Amsterdamer Gericht weiß man übrigens en detail, was Diego verdient. 300.000 Euro. Im Monat.

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