■ Fußball: Am kleinen Daumen
Berlin (taz) – Vor einem gehörigen Problem stand der Fußballverband Asiens bei der Bestimmung des Austragungsortes für die Asien-Endrunde der WM-Qualifikation. Der Zufall und die fußballerischen Fähigkeiten der einzelnen Länder hatten es gewollt, daß so ziemlich die brisanteste Besetzung zustandekam, die der Erdteil zu bieten hat. Um die zwei WM- Plätze für 1994 in den USA streiten sich Iran, Irak, Nordkorea, Südkorea, Saudi-Arabien und Japan.
Es galt nun, einen Platz zu finden, an dem die zweiwöchige Veranstaltung mit Hin- und Rückspielen stattfinden könnte, ohne größere politische Mißhelligkeiten hervorzurufen. Da kam der sportliche Ehrgeiz des „Kleinen Daumens“ am Arabischen Golf, der sich Katar nennt, gerade recht. Hier sollte der Fußball nach dem Wunsch des Generalsekretärs des Asiatischen Fußballverbandes, Peter Velappan, als „Botschafter der Solidarität und Einheit von Völkern, die sich durch ihre politischen und ideologischen Visionen unterscheiden“, wirken.
Auf Initiative des sportbegeisterten Scheich Hamad Ibn Khalifa al Thani hatte das 1971 unabhängig gewordene Katar begonnen, sich als Sportveranstalter zu profilieren. Das Emirat besitzt bei 530.000 Bewohnern zehn Fußballstadien, darunter das „Khalifa International“, das 40.000 Zuschauer und ein gigantisches Porträt von Scheich Hamad faßt. Mitten in die Wüste wurde ein Golfkurs der Spitzenklasse gebaut, für die Auftritte von Boris Becker, Pete Sampras und Co. beim ATP-Tennis-Turnier „Katar Open“ ein 80 Millionen Mark teurer Komplex mit 5.000 Plätzen aus dem Boden gestampft, ein Stadion für Formel-1-Rennen ist in Planung. „Es ist besser, wegen des Sports berühmt zu sein, als wegen etwas anderem, wie Kriege oder Unruhen“, begründet der Turnierdirektor der Katar Open die Imagepflege des dank seiner Öl- und Gasvorkommen recht betuchten Emirats. Um die ausländischen Gäste nicht zu verschrecken, wurde sogar der Alkoholgenuß für Touristen gestattet, allerdings nur in wenigen Hotelbars hinter nicht gekennzeichneten Türen.
So ganz konnte aber auch Katar die Politik nicht bannen. Von den vor dem Gulf Hotel Sheraton, wo alle sechs Mannschaften wohnen, gehißten Fahnen wurde die des Irak gleich in der ersten Nacht heruntergerissen.Matti
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