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Press-SchlagFußball und Berlin

■ Der erstaunliche Erfolg von Hertha

Es ist so: Fußball ist in dieser Stadt durch Hertha wiederentdeckt worden. Das hat Rolf Schmidt-Holtz gesagt. Bei der Mitgliederversammlung unlängst hob er die Stimme und erfreute den Saal mit dem kategorischen Satz: „Hertha wird nicht absteigen.“ Daß sich der Bertelsmann-Manager da sicher ist, zeigt seine Entscheidung, künftig statt als Aufsichtsratsvorsitzender bescheiden als einfaches Aufsichtsratsmitglied zu wirken. Tatsächlich steht Hertha BSC nach dem freitäglichen 2:0 über den Tabellenführer 1. FC Kaiserslautern prächtig da. 25 Punkte hat man, damit läßt es sich, sagt Jürgen Röber „beruhigt nach Dortmund fahren“, wo morgen das vorletzte Spiel vor der Winterpause ansteht. Auf das Wort „Uefa-Cup“, das man nun den Spielern gern in den Mund legen will, läßt sich keiner ein. Aber einen „einstelligen Platz“ peilt Röber neuerdings an.

Grund zur Euphorie besteht nicht, aber „verdammt stolz“ (Michael Preetz) darf man sein. 19 Punkte hat man aus den letzten sieben Spielen geholt. Warum? Die Verantwortlichen haben die branchenüblichen Erklärungen: Röber nennt den körperlichen Optimalzustand der Truppe, sein Stürmer Preetz die Bereitschaft, jenen in „aggressives, hartes, aber faires Spiel“ umzusetzen. Offensivkraft Arnold redet davon, daß „das Puzzle jetzt besser zusammen“ passe, seit Kjetil Rekdal nicht mehr im Mittelfeld von Freund und Feind überrannt wird, sondern als Libero von ganz hinten dirigiert.

Alles stimmt: Kaiserslautern wurde mit Zweikampfstärke und Laufvermögen „der Schneid abgekauft“ (Röber), was Otto Rehhagel natürlich gar nicht behagte. Je freundlicher er sich im feindlichen Gebiet des Presseraumes gibt, desto unzufriedener ist er mit dem Spiel seiner „Männer“. In Berlin war er außergewöhnlich freundlich und kanzelte gar seine Spieler Reinke und Buck ab. Der „viel zu anständige“ Rechtsaußen mußte zunächst eine verlorene Halbzeit Linksaußen spielen, danach stellvertretend für die kämpferischen Defizite der Lauterer herhalten.

Grundsätzlich gilt, sagt Rehhagel: „Wir sind nicht die Übermannschaft der Liga.“ Bloß ein Aufsteiger, der aus seinen Möglichkeiten zeitweise Optimales erwirtschaftet hat.

Gleiches darf für Hertha gelten. Im Moment ist es einfach so, daß nicht überragende, aber „sehr gut arbeitende“ (Röber) Fußballer wie Michael Preetz für ihren Einsatz belohnt werden. Es kommt der Ball, er „wollte ihn runterdrücken“, trifft ihn fast gar nicht – und dennoch pfeift der Schiedsrichter Tor. Es kommen auch wieder andere Tage, doch im Moment hat Preetz „ein überragendes Gefühl“. Tatsächlich: Fußball und Berlin ist kein Widerspruch mehr in sich. So weit ist es gekommen! Peter Unfried

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