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Fußball-PatriotismusNicht jedem das Seine

Weil ein Wirt in seiner Kneipe keine Trikots duldet, wird er von der "Bild" als größte Spaßbremse Bremens bezeichnet. Das haben Neonazis entdeckt und hetzten nun gegen "linken Gesinnungsterror".

Sind nicht gern in jeder Kneipe gesehen: Fussballfans im Schwarz-Rot-Gold-Fieber. Bild: dpa

Schwarzrotgold, so weit das Auge blickt: Auf Mützen, an Autos, an Balkonen, in Fenstern – es ist halt Europameisterschaft. Die einen machen da gerne mit, die anderen ignorieren’s gelassen, und manche haben keine Lust auf den fußballverursachten Patriotismus, der alle zwei Jahre das Land überschwemmt.

Zum Beispiel die Bremer Viertelkneipe Rum Bumper’s: Sie zeigt weder Fußball noch Flagge, und die nicht EM-infizierten Stammgäste danken’s ihr. Nachdem die Bild sie aber genau deswegen als „größte Spaßbremse“ der Stadt bezeichnet hat, ist die Kneipe ins Visier von Neonazis geraten.

Ein paar Fußballfans mit Deutschland-Trikots waren nach dem Spiel Deutschland gegen die Niederlande an der Theke des Rum Bumper’s aufgefordert worden, ihre T-Shirts auf links zu ziehen oder die Kneipe zu verlassen. Sie taten letzteres und setzten die Bild in Kenntnis. Die zeigte das Foto eines traurig dreinguckenden, jungen Mannes in Deutschland-Trikot und überschrieb ihren Artikel mit den Worten: „Dieses Lokal ist Bremens größte Spaßbremse“.

Ein Zettel an der Kneipentür weist seit Erscheinen des Artikels darauf hin, dass unter anderem aufgrund „immer wieder auftretenden Streitereien und Diskussionen“ die Gäste „Trikots, Fahnen etc.“ draußen lassen sollen. Und weiter heißt es „Auch wir gucken gern Fußball und nehmen garantiert niemandem den Spaß!“

Die rechte Wochenzeitung Junge Freiheit sieht das anders. Auf ihrer Facebook-Seite hat sie den Bild-Artikel unter der Überschrift „Spaßbremsen, Spießer, Linke“ verlinkt. In den Kommentaren ist von „Volksverhetzung von links aussen“, „Deutschenfeindlichkeit“, von „Vaterlandslosen Gesellen, die eindeutig totalitäre Ansichten vertreten“ und von „Klarer Fall von Gesinnungsterror durch Linksfaschisten“ die Rede. Im rechtsextremen Internetportal „Deutschlandecho“ ist zu lesen, im Bremer Viertel würden „immer wieder Menschen wegen ihrer nicht-linken Gesinnung durch die Strassen gejagt“. In der Regel handele es sich „dabei um gezielte Provokationen der Antideutschen, welche das Viertel als ihr Revier betrachten“. Und das Blog „Islamnixgut“ spricht von „indoktrinierten Stalinisten“.

„Deutschlandfeind“ ist in den Augen der Jungen Freiheit auch die Grüne Jugend. Die hat, so wie schon bei der Fußball-WM vor zwei Jahren, jüngst einen Sticker mit durchgestrichener Deutschlandfahne und dem Schriftzug „Patriotismus? Nein, danke!“ herausgegeben.

„Wir verweigern uns dieser nationalen Symbolik, weil wir uns jeglicher nationalen Symbolik verweigern. Wir wollen das Konzept des Nationalstaats überwinden“, heißt es dazu auf deren Homepage. Die Grüne Jugend verweist auf Wilhelm Heitmeyer, Leiter des Instituts für Konflikt- und Gewaltforschung an der Uni Bielefeld, der im WM-Jahr 2006 die neuen Ergebnisse seiner Langzeituntersuchung zum Thema „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ präsentierte. Aus der geht hervor, dass Nationalismus stets zu „Fremdgruppenabwertung“ führt – und dass diejenigen, die im Rahmen der Studie nach der Fußballweltmeisterschaft befragt worden waren, „nationalistischer eingestellt“ waren als die vorher Befragten.

Der Bremer Landesverband der Jungen Union (JU) findet die Aktion der Grünen Jugend „traurig“ und begrüßt in einer Stellungnahme „ausdrücklich, dass die Menschen in Deutschland ihrem Nationalgefühl Ausdruck verleihen, insbesondere in Bezug auf die Unterstützung der deutschen Mannschaft bei der laufenden Europameisterschaft. Dazu gehört selbstverständlich die Verwendung unserer Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold“.

Dass die im Rum Bumper’s nicht gern gesehen werden, ist für Daniel Buljevic, Landesvorsitzender der JU „Diskriminierung von Fußballfans“. Patriotismus sei schließlich kein Nationalismus. Selbstverständlich dürfe der Wirt sein Hausrecht ausüben, sagt er, „aber trotzdem ist das schade“. Bei der EM gehe es schließlich um die Unterstützung der DFB-Mannschaft: „Mit Werdertrikot wird man dort bestimmt nicht rausgeschmissen!“

In der Bild wird der Rum-Bumper’s-Chef mit den Worten „Wir sind gegen jegliche Darstellung nationaler Symbole. Auch Trikots oder Fähnchen anderer Nationen wollen wir nicht sehen“ zitiert – der taz gegenüber wollte er sich indes nicht mehr zum Thema äußern. Er wolle, so sagte er am Telefon, in dieser Sache nun endlich seine Ruhe haben.

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20 Kommentare

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  • L
    Lilu

    Es ist einfach ein Quatsch zu behaupten, Patriotismus sei halt so ein Gefühl, das man einfach so hat, also fast schon etwas Natürliches. Ohne die vorherige Zuordnung zu einer Nation durch einen wirklichen oder wenigstens vorgestellten Staat mit seinem Staatsbürgerschaftsrecht gäbe es dieses Gefühl gar nicht. Niemand spürt in sich, dass er ein Deutscher ist. Ein Kind etwa interessiert sich für seine Nationalität nicht die Bohne und unterscheidet sich von seinen Spielkameraden Mustafa und Cho-Chang auch nicht durch irgendeine nationale Identität. Das kommt alles von außen.

    Natürlich kann der Mensch auf Basis eines Stücks Pappe ala Pass im späteren Leben Gefühle zu einem Staat entwickeln(1), den er als etwas zu begreifen versucht, das ihm irgendwie entspricht. Nur muss er eben auch mal zugestehen, dass an diesen Gefühlen überhaupt nichts natürlich oder selbstverständlich ist.

    Zweitens sollte der patriotisch Fühlende sich nicht der Frage verweigern, ob dieses Gefühl denn auch schlau und sinnvoll ist. Es soll ja auch sehr dumme oder schädliche Gefühle geben, von denen man sich besser verabschiedet.

    Ich habe auch einmal etwas für Deutschland gefühlt. Nach reiflicher Überlegung halte ich das inzwischen aber für ein dummes und schädliches Gefühl. Schwar-rot-gold suggeriert eine Gemeinschaft und diese Gemeinschaft kann ich nirgendwo entdecken. Sie wird auf Massenevents behauptet und simuliert, aber da steckt nichts dahinter. Im wirklichen Leben sind alle die, die sich als deutsche Brüder und Schwestern fühlen schärfste Konkurrenten. Sie konkurrieren ums Geld, um Arbeitsplätze, darum, wer in der gesellschaftlichen Hierarchie ob und wer unten steht. Sie beuten einander aus oder müssen sich ausbeuten lassen, hauen sich über Ohr, reden schlecht übereinander usw. usf. Das ist die Wahrheit über die nationale "Gemeinschaft" und das damämpft meine Zuneigung zu dieser doch erheblich.

     

     

    ___________________

    (1) Für sich natürlich grotesk bei sowas von Liebe zu reden, das hat ja selbst Gustav Heinemann so gesehen, als er gesagt hat, er liebe nicht Deuscthland sondern seine Frau.

  • I
    Irene

    "Wir verweigern uns dieser nationalen Symbolik, weil wir uns jeglicher nationalen Symbolik verweigern. Wir wollen das Konzept des Nationalstaats überwinden“, heißt es dazu auf deren Homepage. Die Grüne Jugend verweist auf Wilhelm Heitmeyer, Leiter des Instituts für Konflikt- und Gewaltforschung an der Uni Bielefeld, der im WM-Jahr 2006 die neuen Ergebnisse seiner Langzeituntersuchung zum Thema „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ präsentierte. Aus der geht hervor, dass Nationalismus stets zu „Fremdgruppenabwertung“ führt – und dass diejenigen, die im Rahmen der Studie nach der Fußballweltmeisterschaft befragt worden waren, „nationalistischer eingestellt“ waren als die vorher Befragten

     

    Ich halte das für kompletten Unsinn. Kommt doch einfach mal zu uns in die Straße, wenn die Türkei spielt, da sieht man nichts anderes als türkische Flaggen, Teppiche, Trikots. Und wenn das Turnier vorbei ist, läuft das Leben ganz normal weiter.

  • J
    JWvG

    »Deutschland ist nichts, aber jeder einzelne Deutsche ist viel, und doch bilden sich letztere gerade das Umgekehrte ein. Verpflanzt und zerstreut wie die Juden in alle Welt müssen die Deutschen werden, um die Masse des Guten ganz und zum Heile aller Nationen zu entwickeln, das in ihnen liegt.« J.W. Goethe

  • BS
    Bernd Schneider

    @Seldon:

    Ich kann Ihnen nur zustimmen, wenn Sie schreiben „Patriotismus KANN zu nationaler Arroganz führen.“ Aber es ist eben keine zwangsläufige Entwicklung!

    Wenn ich mein Vaterland liebe, setze ich doch nicht automatisch andere Länder herab. Wo ist da die Logik?! Nur wer unter Minderwertigkeitsgefühlen leidet, ist versucht, diese mit Nationalismus zu kompensieren, oder auch mit Postnationalismus oder religiösem Fanatismus. Man wird vermeintlich Teil einer besseren, höherwertigeren Masse, in der man aufgeht. Die gefühlte Minderwertigkeit der eigenen Existenz erscheint erträglich.

    Wer jedoch mit sich selbst im Reinen ist, braucht Andere weder zu erniedrigen noch zu verachten.

     

    Nun zu dieser intellektuellen Totgeburt, die sich Verfassungspatriotismus nennt, und die Sie als positiv und zeitgemäß darzustellen versuchen. Fragen Sie doch einfach mal einen Patrioten in irgendeinem Land auf diesem Globus, ob er sich noch als Patriot oder als Staatenloser fühlt, wenn plötzlich eine Diktatur in seinem Land errichtet wird. Ich bin überzeugt, er wird sich weiterhin als Patriot fühlen und alles in seiner Macht stehende versuchen, damit sein Land vom Joch befreit wird.

    Patriotismus ist eine Sache des Herzens, des Gefühls. Und wie alle Gefühle, muß es durch den Verstand reguliert werden.

    Schon Paracelsus erkannte: „Die Dosis entscheidet über Arznei oder Gift.“

    Wenn nun aber der Verstand entscheidet, daß aufgrund einer Überdosierungsgefahr die Dosis für alle auf Null gesetzt werden muß, so ist auch das Potential der Arznei verloren. Er verhindert zwar erfolgreich die Überdosierung, doch dafür muß er alle über einen Kamm scheren. Wird dieses Verhalten dem Individuum gerecht?

  • B
    butscher

    "Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, auf das er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, um stolz zu sein." - Arthur Schopenhauer

     

    Interessant finde ich allerdings die Überschrift dieses Textes. nicht "Jedem das Seine" stand am Tor

    zum KZ Buchenwald. Sehr geschmacklos, wie ich finde.

  • RE
    Rudolf Eglhofer

    Also, als in die Jahre gekommener Antideutscher würde mich das auch ankotzen:

    Die echten Nazis sind unter der Erde oder fallen mit mindestens 85 Jahren unter Artenschutz.

    Die schöne Nazikeule ist vermodert und tut niemandem mehr weh.

    "Gegen Nazis" zu sein ist keine Domäne der wackeren "Antifa" mehr sondern schon bei allen Neospießern und deren Gören ein gesellschaftliches Muss.

    Die Neonazis sind auch kein ehrbringender Feind mehr sondern ein lebender Beweis für die Nichtexistenz der "Schwarmintelligenz".

     

    Ergo muss wenigstens jedweder Bezug auf die Nation bekämpft werden und sei es dieser seichte Spasspatriotismus zur EM.

     

    Aber, liebe verzweifelte Antideutsche, ich habe DIE Lösung für Euch:

    Verweigert Euch dem Staat! Nehmt keine staatlichen Leistungen mehr an. Nützt keine öffentlichen Einrichtungen mehr. Verweigert die Nutzung öffentlich bezuschusster Systeme.

    Und die so gesparten Gelder gehen voll international solidarisch nach Griechenland! Versprochen!

  • BS
    Bernd Schneider

    @Seldon:

    Ich kann Ihnen nur zustimmen, wenn Sie schreiben „Patriotismus KANN zu nationaler Arroganz führen.“ Aber es ist eben keine zwangsläufige Entwicklung!

    Wenn ich mein Vaterland liebe, setze ich doch nicht automatisch andere Länder herab. Wo ist da die Logik?! Nur wer unter Minderwertigkeitsgefühlen leidet, ist versucht, diese mit Nationalismus zu kompensieren, oder auch mit Postnationalismus oder religiösem Fanatismus. Man wird vermeintlich Teil einer besseren, höherwertigeren Masse, in der man aufgeht. Die gefühlte Minderwertigkeit der eigenen Existenz erscheint erträglich.

    Wer jedoch mit sich selbst im Reinen ist, braucht Andere weder zu erniedrigen noch zu verachten.

     

    Nun zu dieser intellektuellen Totgeburt, die sich Verfassungspatriotismus nennt, und die Sie als positiv und zeitgemäß darzustellen versuchen. Fragen Sie doch einfach mal einen Patrioten in irgendeinem Land auf diesem Globus, ob er sich noch als Patriot oder als Staatenloser fühlt, wenn plötzlich eine Diktatur in seinem Land errichtet wird. Ich bin überzeugt, er wird sich weiterhin als Patriot fühlen und alles in seiner Macht stehende versuchen, damit sein Land vom Joch befreit wird.

    Patriotismus ist eine Sache des Herzens, des Gefühls. Und wie alle Gefühle, muß es durch den Verstand reguliert werden.

    Schon Paracelsus erkannte: „Die Dosis entscheidet über Arznei oder Gift.“

    Wenn nun aber der Verstand entscheidet, daß aufgrund einer Überdosierungsgefahr die Dosis für alle auf Null gesetzt werden muß, so ist auch das Potential der Arznei verloren. Er verhindert zwar erfolgreich die Überdosierung, doch dafür muß er alle über einen Kamm scheren. Wird dieses Verhalten dem Individuum gerecht?

    Ich hoffe, daß war jetzt nicht zu metaphorisch ;-)

  • S
    Schloch!

    "Dass es möglich ist, sich als Deutscher (Ire, Schwuler, Blondine...) wohl zu fühlen, und die, die es nicht sind, dabei problemlos zu respektieren, ist für mich überhaupt erst die Grundbedingung für echte, positive Toleranz."

     

    Ist ja schön, dass du das für dich so klar hast. Viele andere aber nicht. Und das ist eben die Gefahr bei diesem "Party-Nationalismus".

    Geh doch mal mit einem Hollandtrikot zum Public Viewing wenn Deutschland gegen Holland spielt. Viel Spaß dabei...

    Und ab wann ist man ein "Deutscher"? Bzw. wer oder was legt das fest?

    Reicht es, dass man Deutsch spricht? Reicht die deutsche Staatsangehörigkeit? Muss man in D-Land geboren sein? Müssen die Eltern auch in D-Land geboren sein? Und die Großeltern? Und was ist mit denjenigen, die vor dem 2. Weltkrieg im heutigen Polen geboren wurden? Sind die jetzt Deutsche oder Polen? Und wenn ja, warum?

    Was hab ich denn bitteschön mit irgendwelchen Bayern etc. gemein, ausser dass die wie ich ZUFÄLLIG in Deutschland geboren wurden? Mit denen verbindet mich nicht mehr oder weniger, als mit jemandem aus Holland oder Dänemark.

    Mal ganz abgesehen davon ist die BRD in zuviele Schweinereien wie Kriege und Ausbeutung verwickelt, als dass man sich ruhigen Gewissens eine Schwarz-Rot-Goldene Flagge irgendwo hinmalt oder hängt.

    Und genau das ist vielen überhaupt nicht bewusst.

  • S
    Seldon

    @Bernd Schneider:

    "Gesunder Patriotismus"?

    Patriotismus

    (franz.: Vaterlandsliebe). P. bezeichnet eine besondere Wertschätzung der Traditionen,

    der kulturellen und historischen Werte und Leistungen des eigenen Volkes. In einem negativen Sinne kann P. zu nationaler Arroganz, Chauvinismus und übersteigertem Nationalismus führen (Hurra-P.). Im positiven, zeitgemäßen Sinne kann P. als Bekenntnis zu den demokratischen Grundlagen der Gesellschaft und zur Verteidigung der Grund- und Menschenrechte (Verfassungs-P.) verstanden werden. (http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/17999/patriotismus)

    Welche kulturellen und historischen Werte schätzen denn Ihrer Meinung nach diese Patrioten? Welche Rechte, außer dem auf maximale Verblösdung, verteidigen die Fan-Patrioten denn?

    "Es gibt keine patriotische Kunst und keine patriotische Wissenschaft. Beide gehören wie alles hohe Gute der ganzen Welt an und können nur durch allgemeine freie Wechselwirkung aller zugleich Lebenden in steter Rücksicht auf das, was uns vom Vergangenen übrig und bekannt ist, gefördert werden." Goethe

    Diejenigen Tugenden werden am lautesten gepriesen, zu deren Ausübung weder Gedankenarbeit, noch Energieentfaltung, noch Selbstüberwindung gehört, vor allem also diese beiden: PATRIOTISMUS und Gottesfurcht.

    ARTHUR SCHNITZLER

  • N
    Normalo

    @Schloch!

     

    Schöner Nick - selbst gewählt? ;-)

     

    Und nun zum Inhaltlichen:

     

    "Dein Statement ist sowas von verkürzt. Beschäftige dich mal lieber nochmal mit Patriotismus und Nationalismus, sowie der 'verquasten Schwarz-Weiß-Denke des braunen Gesocks'."

     

    Was ist hier verkürzt? Mein Statement war entschieden länger als das da, Deins aber nicht.

     

    Mit den Gedankenwelt der Braunen muss man sich im Übrigen nicht lange befassen, wenn man über mehr Intelligenz als ein Orang-Utan verfügt. Die ist wirklich ziemlich "verkürzt".

     

    Das ändert aber nichts daran, dass auch die Behauptung, man könne nur positive Gefühle für sein Land (="Patriotismus") haben, wenn man gleichzeitig auf andere Nationalitäten herabblicke (="Nationalismus"), nicht einer gewissen Einschichtigkeit (="Schwarz-Weiß-Denke") entbehrt. Dass es möglich ist, sich als Deutscher (Ire, Schwuler, Blondine...) wohl zu fühlen, und die, die es nicht sind, dabei problemlos zu respektieren, ist für mich überhaupt erst die Grundbedingung für echte, positive Toleranz. So etwas hingegen von vornherein für unmöglich zu halten und daher jeglichen Patriotismus abzulehnen, zeugt von einer im Grunde intoleranten Gesamteinstellung, die sich nur auf die Unterdrückung bestimmter Hassgefühle, nicht aber auf die Entwicklung von Respekt für das Andersartige versteht.

  • BS
    Bernd Schneider

    Das man bei jedem Fünkchen Patriotismus den Irren aus Braunau wiederauferstehen sieht, hat ja seit den Apo-Opa-Agitprop-Zeiten schon eine gewisse Tradition. Es wäre nicht so schlimm, wenn nur die taz so schreiben würde; aber 50%+x der deutschen Medienlandschaft stoßen in das gleiche Horn.

    Faschismus beginnt ja mit der Intolleranz gegenüber anders Denkenden. In diesem Sinne kann ich die Warnung von Jürgen Habermas vor einem Linksfaschismus sehr gut nachvollziehen; obwohl ich die Kategorisierung in links und rechts für überholt halte. Daher spreche ich lieber von braunem und rotem Faschismus.

    Dem stelle ich einen gesunden Patriotismus gegenüber; denn nur wer sich selbst liebt, kann auch andere lieben und respektieren.

    Wer sich aber im Besitz der allein seligmachenden Wahrheit glaubt, sei sie nun ideologisch oder religiös bedingt, ist auf ein Freund-Feind-Schema festgelegt und muß missionieren und/oder bekämpfen.

    Im übrigen ist da ja noch die alles entscheidende Frage an die "Postnationalisten": Der Ruf nach einer Befreiung vom Nationalstaatskonzept bedingt auch eine Freiheit zu etwas. Aber was soll das sein?

    Außerdem ist der Nationalstaatsgedanke ja auch die Basis der solidarischen Sozialversicherung. Die müßte man folgerichtig auch abschaffen. Ob das im roten Milieu auf große Gegenliebe stoßen würde kann bezweifelt werden.

  • S
    Schloch!

    Ob sich die Junge Union auch so darüber aufregt, dass Menschen wg. ihrer Hautfarbe nicht in bestimmte Discotheken oder Kneipe gelassen werden? hab zumindest noch nie irgendwas diesbezügliches von der JU gelesen.

     

    @ lutz mock: "Schland" ist aber kein Fußballverein.

     

    @Normalo:

    "Wer glaubt, Patriotismus und Nationalismus seien synonym, macht sich genau solch verquaster Schwarz-Weiß-Denke schuldig wie das braune Gesocks, das Jeden, der nicht wild mit den Nationalfarben (im Extremfall noch denen vor '45) wedelt, für einen Deutschenfeind hält."

     

    Genau, "die Linken" sind genauso schlimm wie "die Rechten" (Ironie aus). Dein Statement ist sowas von verkürzt. Beschäftige dich mal lieber nochmal mit Patriotismus und Nationalismus, sowie der "verquasten Schwarz-Weiß-Denke des braunen Gesocks".

  • O
    Ozzy

    Erstens beflaggt zumindest in meiner Region in Ostdeutschland niemand Auto oder Wohnung schwarz-rot-golden außerhalb größerer Fußballturniere, also etwa zum 3. Oktober. Zweitens musste in dieser Woche extra klargestellt werden, dass sich die Beflaggung am hiesigen Rathaus auf den Arbeiteraufstand 1953 und nicht auf das Dänemarkspiel bezogen hat. Solange das so bleibt,kann ich die Diskussion über Fußballnationalismus einfach nicht ernst nehmen.

  • GG
    Geheimrat Goethe

    Patridioten!

    Was soll denn Nationalgefühl sein oder Nationalstolz?

     

    Nationalstolz haben nur Verlierer - und werden von der Elite benutzt. Opium fürs Volk.

     

    Die, die ihre Pfründe im Ausland steuerbefreit geniessen, die Beckenbauers, Schuhmachers - genauso wie die Piechs etc., lachen sich kaputt.

     

    Dieses Pseudogefühl Nationalstolz kostet nichts - ist aber esoterische Scheiße.

     

    Und esoterisch Scheiße ist ja bekanntlich die Spielwiese für rechtes Gesindel.

  • N
    Normalo

    Wer glaubt, Patriotismus und Nationalismus seien synonym, macht sich genau solch verquaster Schwarz-Weiß-Denke schuldig wie das braune Gesocks, das Jeden, der nicht wild mit den Nationalfarben (im Extremfall noch denen vor '45) wedelt, für einen Deutschenfeind hält.

     

    Es gibt nicht nur "meine" und die "falsche" Meinung auf dieser Welt und genau deshalb gibt es auch Patriotismus, der völlig ohne Abwertung anderer Nationen auskommt. (Fast) Ganz Deutschland freut sich über den Erfolg seiner Nationalmannschaft und freut sich genauso z. B. über die irischen Fans, die - NATÜRLICH komplett in ihre Nationalfarben getüncht - eine fröhliche, dezidiert irische Ausscheider-Party feiern. So positiv gelebter Patriotismus ist keine Ausgrenzung sondern dient eher sogar der Toleranz Völkerverständigung. Als Wowereit meinte, er sei schwul, und das sei gut so, hieß das auch nicht "Ihr seid (überwiegend) hetero, und das ist schlecht so."

     

    Das soll nicht heißen, dass es nicht auch auf der fahnenschwenkenden Seite Idioten gibt, die für jedes positive "wir" ein negatives "die" brauchen. (zumindest ein Teil der fröhlichen Iren lacht sich wahrscheinlich auch über jedes Tor ins Fäustchen, das England kassiert). Aber Jene, die das ernsthaft(!) betreiben, sind eine völlig unwesentliche Minderheit. Den "politisch korrekten" Verhaltenskodex nach diesen Unverbesserlichen zu richten, bringt gar nichts (siehe "unverbesserlich") und ist den positiven Patrioten gegenüber völlig unverhältnismäßig - und, ja, auch sauertöpfisch-spaßbremsig.

     

    Würde ein "rechter" Kneipier ein paar Aktivisten von der Grünen Jugend wegen ihres antipatriotischen Habitus des Saales verweisen, wäre das Geschrei - diesmal in umgekehrter Richtung - übrigens genauso einhellig.

  • H
    Hachja

    "Patriotismus sei schließlich kein Nationalismus."

     

    Patriotismus, der sich auf nationale Symbole bezieht und eine ominöse Nation, mit der sich man sich identifiziert und emotional verbunden fühlt, ist ganz sicher Nationalismus – auch wenn das ein böses Wort ist, das hier niemand in den Mund nehmen will.

     

    Mittlerweile sind genug Untersuchungen zu den beiden vorangegangenen WMs veröffentlicht, die sich mit der Einstellung oder Berichterstattung auseinandersetzen. Aber sich weiter einzureden, es sei ja nur Patriotismus, und dann noch der lustige!, ist natürlich leichter.

  • LM
    lutz mock

    Diese Fußball-Patriotismussache ist doch total überbewertet. Statt mit Bayern, Dortmund, Schalke etc. Schals, Trikots, Fahnen läuft man halt jetz mit denen von Schland rum. Denke kaum, dass das besonders viel mit Nationalstolz zu tun hat. Sind halt nun fast alle im Land auf der einen Seite und nicht in zig Fangruppen zersplittert wie im Liga-Alltag.

  • S
    Schweizer

    Nazis, verschwindet und guckt woanders!

    Und das "Viertel" bleibt nazifrei.

    Die Nazischläger überfallen friedliche Werderfans und schlagen sie zusammen. Der Terror geht von diesen Typen aus. So sieht's aus.

     

    Das ist wirklich ein Witz, dass sich von verschiedenen Seiten darüber aufgeregt wird, dass ein Kneipenwirt dem Nationalmainstream nicht folgt und seine Einstellung öffentlich macht. Und diese stehengebliebenen braunen Jungs und deren Propagandaorgane heulen auf und stilisieren sich als Opfer. Wie übel.

  • RD
    Rainbow Dash

    Äussere Auschlüsse - also das Verächtlichmachen und Herabsetzen von vermeintlich "fremden" und "ausländischem" - ist nur eine Seite der Medaille des vermeintlich so positiven Nationalgefühls. Der innere Auschluss und die offene Anfeindung von "Volkschädlingen" "Vaterlandslosen" "Verrätern" usw. ist die andere. Der Nationalstaat soll total sein, alle Angehörigen einer Nation erfassen und das wird mit Verve durchgesetzt. Patriotismus ist eben nicht bloss ein "Spass". Anfeindungen gegen all jene - und teils handgreifliche Übergriffe - gegen jene, die sich nicht mit einer Nation identifizieren wollen gehört zu jeder nationalistischen Identitätsbildung. Da kann die Junge Union noch so Jubel-Hurrah-Deutschland-geil sein. Der Müll bleibt nunmal der selbe.

  • M
    MeinName

    Tja, hier zeigt sich ja mal wieder wie "entspannt" und "unpolitisch" der neue deutsche "Fußballpatriotismus" so ist.

    Solange man kein kritisches Wort dazu äußert oder mitmacht ist alles in Butter. Wenn man jedoch nicht mitmachen will beim Fahnenschwenken und "Sieg"-Rufen, schlägt die Volksgemeinschaft aus BILD, JF, NPD sowie "ganz normalen Fans" verbal zurück und zeigt den "vaterlandslosen Gesellen", was heutzutage Sache ist. Zum Kotzen.

     

    Und immer wieder muss man sich dann noch von schwarz-rot-geilen Fahnenschwenkern anhören, dass sowas doch völlig normal sei, mit Nationalismus GAR NIX zu tun habe und man doch total verklemmt sei.