Fussball Oberliga: Das ganz große Los
Türkiyemspor hat einen potenten Hauptsponsor gefunden. Aber was will der weltweit größte Online-Wettanbieter Betfair von dem Kreuzberger Verein?
Ein brummender Teekessel stört zumindest akustisch die Aufbruchstimmung bei Türkiyemspor. "Der 1. Juli ist für uns ein Neubeginn", sagt der Vorstandsvorsitzende Yalcin Sancar, während sich hinter dem Tresen des Vereinsheims am U-Bahnhof Kottbusser Tor etwas zusammenbraut. Sancar hat den Fußballklub aus Kreuzberg vor wenigen Wochen übernommen, als sportlich nichts mehr zu retten war. Türkiyemspor stieg als Schlusslicht mit zwei kümmerlichen Pluspunkten auf dem Konto aus der Regionalliga ab.
"Die letzte Saison war desaströs", resümiert Peter Reinhardt. Vielleicht ist der Regionalmanager für Deutschland und Zentraleuropa beim weltweit größten Onlinewettanbieters Betfair gerade deshalb am Kottbusser Tor gelandet. "Wir möchten dazu beitragen, dass Türkiyemspor nach zuletzt schwierigen Zeiten in der nächsten Saison das Ruder herumreißen kann", verkündet der Business-Mann. Konkret: In der Oberligasaison 2011/2012 fungiert Betfair, der an der Londoner Stock Exchange notierte Global Player, als Haupt- und Trikotsponsor des Kreuzberger Kiezklubs.
Ein Investment in der fünftklassigen deutschen Oberliga, das überrascht, gehören doch sonst Fußballschwergewichte wie Champions-League-Sieger FC Barcelona und Manchester United zu den Betfair-Partnern. Wie kommt Türkiyemspor zu der Ehre? Reinhardt schwärmt von der Integrationsarbeit des Kreuzberger Klubs und dem Herzblut, mit dem die Fans hinter ihrer Mannschaft stünden. Wie der Wettanbieter die hochgelobte Sozialarbeit des Vereins allerdings tatkräftig unterstützen will, lässt er offen. "Ein Engagement über das Finanzielle hinaus müssen wir noch lernen", gesteht Reinhardt.
Türkiyemspor wird es auf dem sportlichen Tiefpunkt verschmerzen können. Erstmals seit Jahren engagiert sich ein externer Geldgeber in dem Verein, nachdem zuletzt meist Vorstandsmitglieder Geld zubutterten. Jetzt sei der Etat für 2011/2012 gedeckt, verkündet Sancar, ohne sich zu allzu ehrgeizigen Zielvorgaben verlocken zu lassen. "Wir wollen erst mal die vergangene Saison vergessen", antwortet Türkiyem-Vorsitzender Sancar auf die Frage nach dem Saisonziel. "Oben in der Tabelle" solle die Mannschaft in der Oberliga mitspielen. Das Wort "Aufstieg" benutzt er nicht.
Wesentlich offensiver agiert dagegen Betfair-Manager Reinhardt, der die Kreuzberger sogar in einem Atemzug mit dem deutschen Aufstiegswunder 1899 Hoffenheim nennt. Jener Club aus Baden, der unter der Geldregie des Software-Milliardärs Dietmar Hopp aus den Niederungen des Amateurlagers bis in die Bundesliga rauschte. "Obs ein zweites Hoffenheim gibt, muss man abwarten", erklärt Reinhardt mit Blick auf Türkiyemspor. Zumindest wolle er versuchen, dass die Kreuzberger von "Synergien" mit dem FC Barcelona und Manchester United profitieren könnten. Der Manager vollmundig: "Die Hoffnung besteht."
Auf dem neuen Türkiyemspor-Trainer Marco Gebhardt - auch er personifiziert die Aufbruchstimmung im Verein - lasten bei seiner ersten Station als Coach also hohe Erwartungen. "Ich habs gemerkt. Aber Druck ist überall da. Ich konzentriere mich auf den Spielbetrieb. Wir müssen erst mal versuchen, die Fans zurückzugewinnen", sagt der frühere Bundesligaprofi von 1860 München und Eintracht Frankfurt.
Bei seiner Präsentation hält Gebhardt ein weiteres Stück Neubeginn in Händen, ein weißes Trikot für die Oberliga aus dem Hause Puma. Der Sportausstatter löst den bisherigen Ausrüster Nike bei Türkiyemspor ab.
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