Fussball-Nordderby: HSV-Arbeitssieg gegen angeschlagene 96er
Der Hamburger SV besiegt Hannover 96 am Sonntag nach kämpferisch starker Leistung mit 3:1. Als Zeichen für einen Aufwärtstrend der Hamburger taugt das aber nur bedingt.
HAMBURG taz | Wenn eine der heimschwächsten Mannschaften der Liga die „Auswärtsdeppen“ (Hamburger Morgenpost) empfängt, dann lässt das kein Fußballfest erwarten, selbst wenn „Nordderby“ darüber steht. Immerhin noch 52.000 Zuschauer wollten am Totensonntag miterleben, welcher der beiden kriselnden HSVs den Befreiungsschlag schafft. Für Hannovers Trainer Mirko Slomka soll Presseberichten zu Folge schon der Job auf dem Spiel stehen.
Die Hamburger dagegen hatten das Problem, dass der zuletzt überzeugende Kapitän Raffael van der Vaart verletzt und Tolgay Arslan aufgrund der fünften Gelben Karte pausieren mussten. Tomás Rincón und Ivo Ilicević sollten die Lücken schließen, Hakan Calhanoglu die Rolle van der Vaarts im zentralen Mittelfeld übernehmen.
In der ersten halben Stunde wurde das Spiel den Erwartungen völlig gerecht. Endloses Ballgeschiebe im Wechsel mit Fehlpässen auf beiden Seiten. Die 96er setzten die Hamburger schon beim Abschlag unter Druck, so dass sich Torwart René Adler zu vielen langen Bällen gezwungen sah, die meist postwendend zurück kamen. Das Hannoveraner Spiel krankte erneut an der mangelnden Präzision in der eigenen Vorwärtsbewegung.
In der 28. Minute war Adler die langen Abschläge leid, beim Versuch eines konstruktiven Aufbaus spielte er aber ausgerechnet Rincón an, der von drei Gegnern unter Druck gesetzt wurde. Hannovers Szabolcs Huszti schnappte sich den Ball und schob überlegt zum 1:0 ein.
Während HSV-Trainer Bert van Marwijk noch gestenreich versuchte, Adler die kurzen Abspiele auszureden, fiel auf der Gegenseite der überraschende Ausgleich. Hannovers Torwart Ron-Robert Zieler faustete einen Calhanoglu-Freistoß zu kurz weg, Milan Badelj schoss den Ball volley zum Ausgleich ins Netz.
Ab dieser Szene wirkten die Hamburger wacher und eröffneten die zweite Halbzeit mit einem dynamischen Angriff, den Maximilian Beister mit einem Kopfball nach Westermann-Flanke abschloss. Ihres taktischen Korsetts beraubt, lieferten sich beide Teams über weite Strecken ein Duell mit offenem Visier.
Ab der siebzigsten Minute verflachte das Spiel allerdings erneut, da die Hannoveraner in ihrer augenblicklichen Verfassung auf fremden Plätzen selbst gegen limitierte Gegner nicht an ihre Chance glauben. Da ist eine Lethargie zu spüren, die von den Fans mit „Wir wollen euch kämpfen sehen“- Chören quittiert wurde. Zu allem Überfluss verloren die 96er ihre letzten verbliebenen Innenverteidiger, da Christian Schulz sich erneut verletzte und Salif Sané kurz vor Schluss die gelb-rote Karte sah.
In der 84. Minute bestrafte Calanhoglu die Hannoveraner Passivität mit einem unhaltbaren Flachschuss aus halblinker Position. Für den HSV wäre mit diesem Sieg der ersehnte Befreiungsschlag nur gelungen, wenn Verantwortliche und Umfeld den Erfolg richtig einordnen – als hart erkämpften Arbeitssieg gegen einen angeschlagenen Gegner.
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