Fußball EM-Qualifikation: Zittersieg in Wien
Die 90 Minuten gegen Österreich waren nichts für Feinschmecker. Trotz eines Eigentores gewann die Elf von Jogi Löw durch einen Treffer in letzter Minute.
Wien dpa | Dass der Sieg beim Nachbarn glücklich war, wollten die Spieler und Trainer nach dem 2:1 von Wien gar nicht verhehlen. Doch angesichts der Zeitpunktes zum Ende einer langen und kraftraubenden Saison verzichtete DFB-Chefcoach Joachim Löw auch auf eine große Schelte. "Wir brauchen nicht lange diskutieren. Das war für uns ein glücklicher Sieg", sagte Löw nach 90 Minuten gegen Österreich, die nicht als Feinschmecker-Fußball in die Geschichte der deutschen Nationalmannschaft eingehen werden.
"Es war eines dieser Spiele, wo man sagt, es war ein rabenschwarzer Tag. Umso schöner, dass man das Spiel noch gewinnt", meinte Abwehrchef Arne Friedrich, der mit einem Eigentor für besondere Brisanz gesorgt hatte.
Die drei Punkte vor 47.500 Zuschauern im Ernst-Happel-Stadion hatte der WM-Dritte vor allem Mario Gomez zu verdanken, der mit Toren am Ende jeder Halbzeit (44./90. Minute) die mutigen und engagierten Gastgeber geschockt hatte. "Eigentlich konnten wir fast nicht mehr damit rechnen, dass wir das Spiel auch noch gewinnen", gestand Löw.
Verantwortlich für die großen Probleme machte der Bundestrainer vor allem den Kräfteverlust bei den WM-Helden Mesut Özil und Co., die seit dem umjubelten Turnier in Südafrika weiter Vollgas gaben.
Kein Tempospiel möglich
"Man spürt, dass die Spieler am Limit ihrer Kräfte sind nach der WM, Champions League und einer langen Saison. Tempospiel war heute nicht möglich. Doch man muss auch solche Spiele gewinnen", sagte Löw, der mit seinem geschlauchten Personal nun noch die letzte Saisonaufgabe am Dienstag in Aserbaidschan angehen muss. "Wir müssen uns steigern, wir werden uns steigern und wir werden auch dieses Spiel zum Abschluss noch gewinnen. Das ist unser Anspruch."
Dann würde das DFB-Team mit der makellosen Bilanz von sieben Siegen in sieben EM-Qualifikationsspielen in den verdienten Sommerurlaub gehen. "Das wäre eine insgesamt überragende Leistung in der Nach-WM-Saison", bemerkte Löw, dem aber nicht entgangen war: "Es ist schwieriger geworden am Ende der Saison." Die spielerische Klasse aus den WM-Tagen und den Punktspielen danach konnte sein Team in Wien nicht mehr auf den Platz bringen. "Aber wir haben auch Fehler gemacht mit dem Ball, kein zielstrebiges Spiel, viele Fehlpässe", sagte Löw.
"Letztendlich muss ich der Mannschaft noch ein Kompliment machen. Wir haben fünf gute Spiele gemacht und klar gewonnen. Jetzt haben wir ein bisschen Glück benötigt. Wir haben 18 Punkte, das ist heute mal entscheidend", erklärte der Bundestrainer und schickte ein Lob an die Österreicher, die mit sieben Punkten in der EM-Gruppe A auf Platz vier bleiben und nur noch geringe Chancen auf ein Endrunden-Ticket haben. Deutschland ist weiter klar Tabellenführer.
Löw, der den lange verletzten Sami Khedira in die Startelf gestellt hatte, musste gerade im defensiven Mittelfeld noch kräftig improvisieren. Der Leverkusener Simon Rolfes hatte sich vor dem Spiel leicht verletzt abgemeldet, so dass später für den ausgepowerten Khedira der gelernte Verteidiger Mats Hummels in die Mittelfeldzentrale rückte. "Es war klar, dass er nicht 90 Minuten mit Dynamik seine Arbeit verrichten kann wie sonst", sagte Löw zum Comeback von Real-Madrid-Profi Khedira.
Gewinner Gomez
Der besondere Gewinner von Wien heißt Gomez, der den Verletzungs-Ausfall von Miroslav Klose eindrucksvoll nutzte und seinen dritten Tore-Doppelpack im Nationalteam feiern durfte. "Ich will so weitermachen, dann hat der Bundestrainer die Qual der Wahl", sagte der Bundesliga-Torschützenkönig danach zur Konkurrenzsituation mit Klose, der eigentlichen Stürmer Nummer eins bei Löw ist. "Mario war für mich schon lange ein Stammspieler. Jetzt ist Miro Klose nicht da. Daher ist es müßig, über diese Dinge zu reden", bemerkte Löw.
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