EM-Qualifikation: Schlecht gelaunt auf Abschiedstour

Österreichs Fußball-Nationalteam ist jünger und besser geworden. Weil es dennoch selten gewinnt, muss Trainer Dietmar Constantini bald gehen.

Einsam: Österreichs Teamchef Dietmar Constantini. Bild: reuters

BERLIN taz | Der Film ist erst vor drei Wochen gedreht worden. Zur Vorführung musste der anderthalbstündige Streifen in einem Besprechungszimmer des österreichischen Teamquartiers in Bad Tatzmannsdorf fast zwangsläufig kommen: Die Gala der deutschen Nationalelf im Freundschaftsspiel gegen Brasilien taugt bereits als Lehrstück.

Diesen Eindruck erweckte jedenfalls Emanuel Pogatetz, als er gefragt wurde, ob dabei auch die eine oder andere Schwäche erspäht habe. "Nein", antwortete der Profi von Hannover 96, "die Deutschen haben nur Stärken." Deren Öffentlichkeit würde Österreich gar nicht mehr ernst nehmen. "Medien und Fans erwarten ein Schützenfest", sagt der 28-jährige, "Löw und seine Spieler denken anders. Die unterschätzen keinen."

Schließlich hat auch der österreichische Fußball dank einer intensivierten Nachwuchsarbeit einige Fortschritte gemacht, die sich zwar nicht immer in den Ergebnissen niederschlagen, aber im Juni beim unglücklichen 1:2 im EM-Qualifikationsspiel im Wiener Prater gut zu besichtigen waren. Eine frech-forsche Spielweise ist kein deutsches Privileg.

"Wir haben gezeigt, dass wir die deutsche Abwehr mit schnellen Gegenangriffen knacken können", sagt Teamchef Dietmar Constantini, der sechs Spielern vertraut, die jünger als 22 sind. Mit Daniel Royer, 21, hat Hannover 96 gerade das nächste Talent aus seinem Kader geködert. Ein halbes Dutzend Bundesliga-Legionäre dürften in Gelsenkirchen direkt zum Einsatz kommen: neben Pogatetz auch Christian Fuchs, Julian Baumgartlinger, David Alaba, Martin Harnik und Marko Arnautovic.

Nichts mehr zu verlieren

Der ausgewiesene Problemfall soll mithelfen, die Flucht nach vorn anzutreten. Constantini selbst hat aufgrund seiner bescheidenen Bilanz - zwölf Niederlagen in 21 Länderspielen - nichts mehr zu verlieren. Seine Ablösung scheint bereits beschlossen. Der Tiroler ist die ständige Nörgelei in der Alpenrepublik leid. Die Tatsache, dass Verbandschef Leo Windtner überraschend im Trainingscamp im Burgenland auftauchte, kommentierte der 56-Jährige jedenfalls mit beißender Ironie: "Ist doch völlig egal, ob er zum ersten Training kommt oder zum letzten, bevor ich rausfliege." Es soll nur noch um das Trennungsszenario gehen.

Wie dünnhäutig der Coach geworden ist, offenbarte sich während der Pressekonferenz, auf der Constantini seinen Kader präsentierte. Eine Frage zur angeblich unorganisierten Defensive genügte und er brach die Veranstaltung vorzeitig ab. Seine Ko-Trainer Manfred Zsak und Franz Wohlfahrt lästerten daraufhin am Podium über den Fragesteller: "Is er leicht fett, der mitn Kapperl?" Und: "Trottel!"

Dummerweise wurde die Unterstellung - fett bedeutet in diesem Zusammenhang angetrunken - bei eingeschaltetem Mikrofon geführt. Am vergangenen Freitag folgte endlich via Mail eine Entschuldigung der Ko-Trainer, am Montag bedauerte dann auch der Cheftrainer sein Verhalten.

Nur gut, dass sich die österreichische Auswahl nicht auch noch mit literarischen Erzeugnissen herumschlagen muss. Obwohl ein autobiografischer Roman des mit strengen Verhaltensregeln bedachten Rückkehrers Arnautovic einen gewissen Reiz hätte. Der Grenzgänger könnte in dem Werk erzählen, wie es wirklich war, als er im März dieses Jahres nach dem EM-Qualifikationsspiel gegen die Türkei den Kollegen Stefan Maierhofer würgte oder mit Mitspieler Pogatetz aneinandergeriet. Dagegen sind die von Philipp Lahm verschriftlichten Enthüllungen aus dem deutschen Lager etwas für Chorknaben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.