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Füße vom Tisch!

■ Im Februar beginnt ein Benimmkurs an der Volkshochschule

“Journalisten haben ja ziemliche Narrenfreiheit, was die Kleidung angeht,“ sagt Stefan Reinberger. Deshalb stört es ihn auch nicht, daß ich zum Interview in Jeans und Turnschuhen erschienen bin und der Pullover ausfranst. Auch gut, daß die taz Nord einen Geschäftsführer hat, der zu Klaus Wedemeiers 50.Geburtstag im grauen Zweireiher erscheint. „Obwohl die Kleiderordnung heute ja viel lockerer geworden ist, ist bei offiziellen Anlässen für Herren ein Anzug geboten“, meint Reinberger.

Er muß es wissen. Der gelernte Modedesigner doziert schließlich ab Februar zum ersten Mal in einem Seminar der Volkshochschule Bremen zum Thema „Keine Angst vor gutem Benehmen“. Für den privaten und den beruflichen Bereich will Reinberger seinen SchülerInnen Tips zum höflichen Umgang geben. Wie verhalte ich mich bei einem Geschäftsessen? Wie fange ich ein Gespräch an? Wie kleide ich mich angemessen? Dabei sind die Zeiten von Knigges striktem Verhaltenskodex vorbei, Reinberger will nur „Benimm-Vorschläge“ machen, sagt er. „Im Grunde ist ja Höflichkeit sehr simpel. Man sollte freundlich und rücksichtsvoll sein.“

Statt 150 Benimm-Regeln auswendig zu lernen, sollte der höfliche Mensch von heute der jeweiligen Situation angemessen reagieren können, meint der Lehrer. „Es gibt ein großes Bedürfnis, wieder Konventionen zu erlernen, denn die absolute Lockerheit ist überholt. Wenn auf meiner Party die Gäste tausend Leute mitbringen oder jemand Wildfremdes mir in der Kneipe auf der Schulter hängt, kann das schon sehr störend sein.“

Für das Zwischenmenschliche gibt es eben „kein Benimmgericht“, meint Reinberger. So richte sich Höflichkeit immer nach der akuten Situation: Höflichkeit von Männern gegenüber Frauen heiße eben, diese gleichberechtigt zu behandeln, aber manchmal die Tür aufzuhalten. Aber ja immer angemessen: „Ich würde es tunlichst vermeiden, einer EMMA- Redakteurin in den Mantel zu helfen.“

Trotz aller postmodernen Beliebigkeit, ein paar Sachen kann auch der toleranteste Benimm-Lehrer nicht gutheißen: Eine Sonnenbrille sei zwar am Strand richtig, aber im Dialog störend. In Deutschland gelte es als unhöflich, sich am Telefon nur mit einem Knurren zu melden, und das schnelle Duzen könne ebenso beleidigend sein wie das Beharren auf dem förmlichen „Sie“. Auch im Büro lauert die Unhöflichkeit hinter jeder Topfpflanze: „Die Füße auf den Tisch zu legen, ist durchaus als unhöflich zu werten“, meint Reinberger. Raucher sollten auf die Klagen von Nichtrauchern Rücksicht nehmen. Bei Gerüchen, ob Parfum, Haarspray oder der Knoblauch vom Mittagessen, gelte grundsätzlich „weniger ist mehr“.

Höflichkeit, betont der Benimm- Lehrer, hieße nicht etwa, immer zurückzustecken. „Man kann auch sehr höflich und bestimmt jemanden auf Fehler hinweisen.“ Wer allerdings vor einer Gruppe einem anderen mit den Höflichkeitsregeln über den Mund fahre, der sei mit gutem Benehmen einfach unhöflich. Bernhard Pötter

Info bei der VHS unter Tel.36159520

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