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■ Urdrüs wahre KolumneFür Fuzzy on the road

Auf dem Weg zu einem Veteranentreff in der alten und neuen Reichshauptstadt will ich mir in der Nähe des Hauptbahnhofes Hannover im großen Karstadt-Faschingsmarkt noch eine lustige Pappnase samt Genscher-Ohren kaufen, um bei der dazugehörigen Fete alte Genossen in diesem Outfit mit einer Parodie auf clandestine Kostümierungen aus untergründiger Paranoia-Zeit zu amüsieren. Will mein Gepäck vorher im Schließfach ablegen, suche dann vergebens nach Kleingeld und überlege, wie und wo ich wechseln könnte, ohne mir dabei mit den Koffern einen Bruch zu heben. Und da kommt auch schon der in solcher Citylage unvermeidliche Zottelbär und ich rechne mit der in diesem Falle vergeblichen Bitte um Kleingeld, doch Fuzzy-on-the-road hat die Situation sofort geschnallt, steckt die zwei Mark mit einladender Geste für mich in den Geldschlitz und schlurft davon: Affenschinder Kreiter aber, Martinprediger Motschmann und wie die Schlingel sonst so heißen – sie hätten sowas nie getan. Die sollten das aber auch künftig nicht tun, damit ich an dieser Welt nicht doch noch irre werde!

Der Aktienkurs der CTS Eventim des extrem unhanseatischen Wind- und Geschäftemachers Klaus Peter Schulenberg dümpelt am neuen Markt deutlich unter dem Ausgabekurs vor sich hin und dass man diesem schwer auf Bremen lastenden Alb nunmehr doch nicht so ganz ohne Gegenwehr die Kulturpolitik samt Gemeindekasse überlassen will, lässt letzte Hoffnung auf Rettung vor der allgegenwärtigen Krake zu. Wenn dem Burschi dann die Zahlen doch noch rot werden, kriegt er vielleicht irgendwann noch eine faire Chance als Gemüsehobel-Propagandist im Shopping-TV. Und wünschen wir ihm alles Gute für seinen weiteren beruflichen und persönlichen Werdegang ...

Namens der gemeinnützigen Vereinigung der Frührentenanwärter in Deutschland protestierte ich energisch gegen die in diesem Blatte veröffentlichte und herabsetzend gemeinte Bezeichnung „Rentnerfest“ durch den Herrn Saufmeilen-Impressario Carsten Sydow von der Agentur Spirit Parc, gedacht als Denunzierung von möglichen Alternativen zum ebenso öd- wie blödsinnigen „ Viertelfest“, das in seiner jetzigen Form ja wohl nicht mehr ist als eine Abzockparty auf konsumdudelgestüzter Müllhalde. Robert Bücking, bleibe hart, stell dich samt Beirat auf die kurzen Hinterbeine für eine richtige Fete, wo nicht Dagobert Duck aus jeder Kasse glupscht! Und wenn der lütte Plastebecher Plörr- und Schüttbier mehr kostet als ein guter Liter Staropramen in Prag mit Blick auf die Moldau inclusive, da dürfte es kulturell zumindest nicht ohne so legendäre Alkabilly-Bands wie die Vorstadtpenner abgehen, wenn die ansonsten so vorzügliche Frikadelle von Steintor-Schlachtmeister Karl Safft doch noch schmecken soll!

Gemeinsam mit Pastor Louis-Ferdinand von Zobeltitz und dem katholischen Propst Ansgar Lüttel stehe auch ich an der Klagemauer des jüngsten Bremer Kirchentags, um den Zustand zu bejammern, dass nur noch 60 Prozent der Bürger einer christlichen Kirche angehören. Wo wir aber gerade so schon am Barmen und Harmen sind, möchte ich die kleine und keineswegs rhetorisch gemeinte Frage aufwerfen, ob dieser Prozess nicht auch zu tun haben kann mit der handelsüblichen Politik kirchlicher Haushaltskonsolidierung. Wo zum Beispiel die Putzfrauen des christlichen St. Joseph-Stift entlassen und durch Sklavinnen und Tagelöhnerinnen gewissenloser Kolonnentreiber ersetzt werden, vogelfrei und ohne Perspektive, während das kirchliche Top-Management in den gehobenen Rängen allenfalls kosmetische Sparmaßnahmen durchführt. Merke: Die gleichnishafte arme Witwe gab ihr Scherflein freiwillig, es wurde ihr nicht abgezwungen!

Der Castor kommt. Überlege nicht immer, was die Atom-Mafia gegen dich tut, überlege, was du tun kannst ... Meint jedenfalls

Ulrich „Gartenkralle“ Reineking

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