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Fünfzigmal Glasnost

■ Erste Nummer der Dissidentenzeitschrift in der UdSSR erschienen / Bis jetzt keine Reaktion der Behörden

Moskau (afp) - Eine Gruppe sowjetischer Dissidenten hat am Freitag der westlichen Presse die erste Nummer eines Informationsbulletins mit dem Titel Glasnost (Transparenz) vorgestellt. Der verantwortliche Herausgeber, Sergej Grigoriants, erklärte, er habe vor zwei Wochen bei der Propaganda–Abteilung des Zentralkomitees der KPdSU die erste Probenummer mit einem Antrag auf Genehmigung zur freien Verbreitung eingereicht. Dieser Schritt habe bisher noch keine Reaktion ausgelöst. Glasnost habe sich zum Ziel gesetzt, die von Parteichef Michail Gorbatschow propagierte „Perestroika“ (Umbau) auf die Probe zu stellen und „zur Entwicklung des demokratischen Bewußtseins in der Gesellschaft beizutragen“. Die etwa 50 Seiten starke Veröffentlichung mit einer vorläufigen Auflage von 50 Exemplaren soll drei Mal im Monat Artikel über verschiedene Themen der Zeit, wie Menschenrechte, Gesetzgebung, Wissenschaft, Literatur, Geschichte, Religion und Abrüstung abdrucken. Grigoriants war im Februar durch einen Straferlaß vorzeitig freigelassen worden, nachdem er insgesamt neun Jahre in Gefängnissen und Lagern verbüßt hatte. Er war 1983 wegen Veröffentlichung der Schrift V zum Thema Menschenrechte zu sieben Jahren Gefängnis und drei Jahren anschließender Verbannung verurteilt worden. Die erste Auflage von Glasnost enthält insbesondere einen Artikel des Regimekritikers und Friedensnobelpreisträgers Andrej Sacharow, in dem er die Anzahl der seit Februar freigelassenen „politischen Häftlinge“ mit 150 angibt.

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