Fünf Jahre Haft für DDR-Todesurteile

■ DDR-Richterin wegen Totschlags verurteilt / Einmaliger Schuldspruch

Berlin (dpa/taz) – Das Berliner Landgericht hat gestern die ehemalige Richterin am Obersten Gericht der DDR, Helene Heymann, wegen der Verhängung von Todesurteilen in den fünfziger Jahren zu fünf Jahren Haft verurteilt. Es ist die mit Abstand härteste Strafe, die bislang gegen einen DDR-Richter verhängt wurde.

Nach Ansicht der 27. Großen Strafkammer hätten die Verhandlungen vor dem obersten DDR-Gericht in dieser Zeit in „fataler Weise an den Stil des Volksgerichtshofs erinnert“. Die Richterin, die wegen Totschlags in minderschwerem Fall, Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung schuldig gesprochen wurde, bleibt dennoch in Freiheit, weil das Gericht keinen neuen Haftbefehl gegen sie erließ.

Nach zwei Monaten Verhandlungsdauer wurde Heymann wegen vier Todesurteilen, aber auch wegen der Verhängung von sechs zum Teil lebenslangen Freiheitsstrafen in den Jahren 1954 und 1955 verurteilt. Die Todesurteile hätten in erster Linie „politisch-propagandistischen Zwecken“ gedient, hieß es in der Urteilsbegründung. Das Oberste Gericht sei „Herrschaftsinstrument der SED zur Durchsetzung des Parteiwillens“ gewesen. Die Urteile, die sich vor vierzig Jahren gegen angebliche Spione und Wirtschaftssaboteure gerichtet hätten, seien „unter keinem Aspekt vertretbar“ gewesen. Die Anklage hatte acht Jahre Haft, die Verteidigung Freispruch beantragt. Beide prüfen, ob sie in die Revision gehen wollen.

Die Strafkammer war nach den Worten des Vorsitzenden überzeugt, daß Heymann die Verurteilungen in allen ihr zur Last gelegten Fällen mitgetragen hätte. In der Verhandlung hatte die Angeklagte jeweils erklärt, sie könne sich nicht erinnern, wie sie damals gestimmt habe. Dagegen meinte das Gericht, daß sie sich sicherlich hätte erinnern können, wenn es in dem Senat zu Meinungsverschiedenheiten gekommen wäre.

Zuvor hatte eine andere Strafkammer des Berliner Landgerichts eine vierzigjährige DDR-Richterin zu neun Monaten Freiheitsentzug auf Bewährung verurteilt. Sie hatte 1984 ausreisewillige DDR-Bürger zu Haftstrafen verurteilt, weil diese sich an die Ständige Vertretung der Bundesrepublik in Ost-Berlin gewandt hatten.