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Führungskampf in der FDPWesterwelle gibt wohl FDP-Vorsitz ab

FDP-Chef Guido Westerwelle will Agenturberichten zufolge beim nächsten Parteitag im Mai nicht mehr für den Vorsitz kandidieren. Sein designierter Nachfolger wagt sich schon mal aus der Deckung.

Das Vertrauen in ihn ist bei vielen FDP-Mitgliedern weg: Parteichef Guido Westerwelle. Bild: dpa

BERLIN dapd/dpa | In der FDP ist der Druck auf Parteichef Guido Westerwelle weiter gewachsen, nach den Wahlschlappen der letzten Wochen einen Neuanfang einzuleiten. Der Außenminister kehrte am frühen Sonntagmorgen von seiner Asienreise zurück und will noch am Abend vor die Presse treten. Nach Informationen der Nachrichtenagenturen dpa und reuters will er im Mai nicht mehr für das Amt des Vorsitzenden antreeten, aber Außenminister und Vizekanzler bleiben.

Führende FDP-Politiker forderten am Wochenende für Kursänderung. Der hessische Landesverband drohte Westerwelle sogar mit einem vorgezogenen Bundesparteitag, sollte er am Montag nicht den Rückzug einleiten. Als neuer FDP-Vorsitzender wird Gesundheitsminister Philipp Rösler gehandelt.

Rösler äußerte sich am Wochenende in einem Interview und forderte von seiner Partei eine Kursänderung. "Wir müssen uns wieder mehr um die Lebenswirklichkeit der Menschen kümmern", sagte der Parteichef des FDP-Landesverbandes Niedersachsen der Bild am Sonntag. Die FDP müsse die verlorene Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. "Daran müssen wir gemeinsam zum Wohl der Partei arbeiten", sagte er.

Kein "pragmatischer Opportunismus"

Der nordrhein-westfälische FDP-Chef Daniel Bahr sagte dem Blatt: "Am Montag tagt die Führung. Da erwartet die Partei einen geordneten Prozess." Die Partei werde es nicht akzeptieren, wenn sich Montag nichts ändere.

FDP-Fraktionsvize Patrick Döring mahnte zu schnellem Handeln. "Für die FDP stellt sich jetzt nicht mehr die Frage, ob, sondern welche inhaltlichen und personellen Konsequenzen gezogen werden müssen", schrieb Döring für den Berliner Tagesspiegel am Sonntag. Ein personeller Wechsel allein genüge aber nicht, um das Vertrauen der Wähler in die FDP wieder herzustellen. "Die Wähler - aber auch wir selbst - müssen wieder ein klares Bild davon haben, wo die Liberalen stehen, was ihre Positionen sind, auf welche inhaltliche Linie man bei ihnen vertrauen kann", forderte Döring. "Wer im Moment der Krise allzu schnell und beliebig Positionen wechselt, von dem weiß am Ende niemand mehr zu sagen, wo er wirklich steht." Die Antwort auf die gegenwärtige Krise dürfe kein "pragmatischer Opportunismus sein".

Die hessische FDP ging noch weiter. "Ich gehe davon aus, dass Guido Westerwelle an diesem Montag mit persönlichen Konsequenzen den Weg zu einer raschen inhaltlichen und personellen Neuaufstellung freimacht", sagte der hessische FDP-Fraktionschef Florian Rentsch der Leipziger Volkszeitung. "Sollte er dazu nicht bereit sein, dann werden wir alle Hebel in Bewegung setzen, um den für Mitte Mai geplanten Bundesparteitag deutlich vorzuziehen." Die FDP könne sich nicht noch sechs Wochen selbstzerstörerische Debatten leisten.

"Der Stil gefällt mir nicht"

Rentsch sagte, eine neue FDP-Führung müsse die Partei mit Überzeugungen und neuen inhaltlichen Aspekten wieder attraktiv machen. "Sympathie ist dabei wichtig, genauso Respekt und Achtung vor unseren Positionen", sagte Rentsch. Entscheidend sei jedoch das Signal des Neuanfangs. "Guido Westerwelle genießt leider nicht mehr das Vertrauen bei den Bürgern und bei vielen Parteimitgliedern", sagte Rentsch.

Nach dem Wahlfiasko in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt waren immer mehr Landesverbände von Westerwelle abgerückt. Die Liberalen in Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Berlin und Hessen dringen auf seinen Rückzug. Fraktionschefin Birgit Homburger und Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger gingen offen auf Distanz.

Von Parteifreunden wird Westerwelle vorgeworfen, er beschädige die Liberalen. FDP-Bundesvorstandsmitglied Jorgo Chatzimarkakis sprach im Deutschlandradio Kultur von einem "Igitt-Faktor", bedauerte die Formulierung aber später bei Handelsblatt Online. Präsidiumsmitglied Silvana Koch-Mehrin rief zu Mäßigung in der Debatte um Westerwelle auf. "Der Stil (...) gefällt mir nicht", sagte sie der Bild-Zeitung. Aber es sei "völlig klar, dass es große Veränderungen in der Führungsspitze der FDP geben wird".

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10 Kommentare

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  • F
    Fred

    Einfachste Lösung wäre, die FDP löst sich auf eigenen

    Entschluß auf. Westerwelle oder Rössler kommt auf das Selbe raus. Kann es nicht einfach sein, dass die Zeit der FDP abgelaufen ist?

  • WB
    Wolfgang Banse

    FDP ist nicht mehr gefragt

    Die FDP ist nicht mehr dritte Partei unter den Volksparteien,sondern sie ste3ht zur Zeit an 5.Stelle.

    Andere Parteien haben Inhalte der FDP übernommen und stellen damit die FDP ins aus.

    Guido Westerwelle,derzeitiger Parteivorsitzender und Möllemann haben durch ihr Auftreten der einst dritten Partei in der Bundesrepublik-Deutschland geschädigt.Von sich aus sollte der derezitige Parteivorsitzender Guido Westerwelle gehen,bevor er gegangen wird.Was seiner Tätigkeit als Bundesaußenminister-und Vizekanzler der CDU/FDP Bundesregierung nur vom Vorteil sein könnte.

    Die Luft ist raus in der FDP und sollte deshalb sich neu erfinden und dann wieder in der Parteienlandschaft sich einen Platz erarbeiten.

  • V
    vic

    Oje, Rösler. Das ist echt ein großer Wurf, der bringt die Partei ganz sicher aus dem Keller (...prust...)

    Er will sich wieder? um die Lebenswirklichkeit der Meschen kümmern.

    Na denn, ich warte.

  • P
    ppommi

    Herr Westerwelle hat es immer noch nicht richtig begriffen Ihn will keiner mehr, keiner hat Ihn mehr lieb oder Frau Merkel?Mann sollte Ihm nahelegen auch den Posten als Außenminister abzugeben denn auch in diesem Amt macht er keine gute Figur und schadet Deutschland nur, also Herr Westerwelle nehmen Sie Ihren Hut es ist vorbei mit Ihrer besser Wisserei Arroganz und Überheblichkeit

  • N
    NotorischerNoergler

    Schwätzerwelle muss in die vorgezogene Rente. Schnell! Alles andere ist brüderle!

  • H
    Haley

    "Die FDP müsse die verlorene Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. "Daran müssen wir gemeinsam zum Wohl der Partei arbeiten""

     

    zumindest sagt Rössler direkt um was es ihm geht "zum Wohl der Partei"

     

    Na vielen Dank sag ich.

  • HW
    Heike Weigang-Leppin

    Leider wird auch hier einmal mehr deutlich wie schnell Führungskräfte "hochgelobt" und wieder "abgemoppt" werden.

    Die Frage wieviel Substanz hinter einer Politik steckt, die sich vor allem an das Auftreten von einzelnen Personen knüpft, darf hier gestellt werden.

    Auch die "Igitt-Debatte" lässt vermuten, dass hier eine unliebsame sexuelle Lebensausrichtung gleich mitentsorgt werden soll.

    Fairness bleibt auf der Strecke, wo einem Menschen mit einem solche wichtigem Amt wie dem des Außenministers von seiner eigenen Partei derart in den Rücken gefallen wird.

    Gerade jetzt, im Angesicht der Katastophen in Japan, wichtigen Veränderungen in der arabischen Welt und anderem sollte eine Partei in der Lage sein, den von ihr für dieses Amt beauftragten nach besten Kräften zu unterstützen und mit dem gebotenen Respekt zu behandeln.

    Legitim ist die Frage, ob zwei so wichtige Ämter wie Parteivorsitzender und Außenminister gleichzeitig von einer Person wirklich optimal ausgeführt werden können.

    In diesem Sinne ist es denkbar ihn von der Verantwortung als Parteivorsitzender zu entlassten, aber eben ohne ihn als Person zu beschädigen.

    Ich wünsche Herrn Westerwelle weiterhin Kraft und Weisheit für sein Amt als Außenminister und Gottes Segen.

     

     

    Ich bin, weiß Gott, kein FDP-Anhänger und denke auch über manches, was Herr Westerwelle als politische Ausrichtung vertritt durchaus kontrovers,

  • L
    lkwklaus
  • NI
    nora im porzellanladen

    Die Glaubwürdigkeit der FDP, die Spaß-Minister Brüderle weiter Unheil treiben läßt, ist nachhaltig beschädigt.

  • R
    rugero

    Der junge Herr Rösler hat ja nun auch nicht mehr aufzuweisen. Als Gesundheitsminister ist seine politische Bilanz recht mager ausgefallen.

     

    Aber was solls ? Die FDP ist sowieso erst mal abgerutscht und wird bei den nächsten Wahlen (schon bald) in der Versenkung verschwinden, ganz gleich welcher Yuppie da Vorsitzender ist.