: „Führer, Volk & Vaterland“
■ Wie die „Ostmarkstraße“ zu ihrem Namen kam
„Ein grauer Dezemberhimmel spannte sich über die weißen Felder, als gestern nachmittag die Trupps der Parteiformation und die Reihe Kraftwagen nach der Otto -Telschow-Stadt hinausfuhren. Auf der Ehrentribüne hatten sich die Vertreter von Partei, Staat und Wehrmacht versammelt. Vor der Tribüne waren die Ehrenformation von SA, Politischen Leitern, Werkscharen und HJ aufmaschiert.“
Mit diesen Worten feiert die gleichgeschaltete Presse im Dezember 1937 die Grundsteinlegung der nach dem Gauleiter Otto Telschow benannten Siedlung am Stadtrand des heutigen Bremerhaven. In der Gründungsurkunde - eingemauert in eines der ersten Häuser - wird vom „erfolgreichen Kampf der nationalsozialistischen Regierung gegen die Erwerbslosigkeit der Systemzeit“ gesprochen. Um die Fischproduktion „zur Sicherung der Nahrungsmittelfreiheit des deutschen Volkes“ verdoppeln zu können, „mußte in der Wesermünde Raum zur Unterbringung der in der Fischerei tätigen Volksgenossen geschaffen werden“. 1.000 von „Partei- und Staatsstellen“ ausgewählten Arbeiterfamilien sollten in den Einfamilienhäusern mit Garten ihr „eigenes, erbhofähnliches Heim“ finden. Gauleiter Telschow legte den Grundstein: „Mit Gott, für Führer, Volk und Vaterland“. Zwei Jahre später zogen die ersten 200 Angestellten und Arbeiter des Fischereihafens in die „Otto-Telschow-Stadt“.
Heute heißt die Siedlung Surheide, und niemand hätte nach ihrer Entstehungsgeschichte gefragt, gäbe es nicht unter ihren Straßennamen auch die „Ostmarkstraße“. Nun will die SPD ihren Umbenennungsbeschluß wieder zurücknehmen. Im nächsten Jahr besteht Suhrheide 50 Jahre. Wie wird dann das Jubiläum gefeiert?
hhU-Satz:!!!!
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