: Frösche im Eis
■ Schafft neue Laichgewässer, tausend Tümpel braucht das Land!
Stiller Winter meuchelt die Lurchen. Schnee fällt auf vergessene Frösche, nimmer werden sie erwachen. Kein Kuß, kein Sonnenstrahl kann sie erwecken aus dem kalten Tod. Oh Väterchen Frost, tief schneidet dein kühl-glatter Handstreich!
Um 75 Prozent, fürchten die Naturschützer, wird der Bestand der Amphibien gegenüber dem Jahre 93 zurückgehen. Es ist einfach zu kalt und zu trocken, und das bereits zum zweiten Mal in Folge. Schon der letzte Winter reduzierte die Zahl der Frösche, Kröten und Molche um etwa die Hälfte. Mangels Luftfeuchtigkeit trocknen sie in ihren Laubverstecken aus, verdorren unter Hecken, Holzstapeln und Baumstümpfen. Einem schrecklichen Tod warten auch die Froscharten entgegen, die sich zum Überwintern ins Nasse begaben: In größeren Gewässern werden sie von Schlittschuhläufern aus der Winterstarre geweckt und verbrauchen im Halbwachzustand ihre letzte Lebensenergie. In seichten Teichen werden die Tiere, die unter Wasser auf Hautatmung umgestellt haben, gar regelrecht einfgefroren. Um im Frühjahr wieder aufzutauen, mausetot. Als wäre es ihre Bestimmung, den Menschen zu beweisen, daß das Eineisen als Überlebenstechnik nun mal nicht funktioniert.
„Die meisten Gartenteiche sind viel zu klein“, kritisiert der Oldenburger Rüdiger Wohlers vom Naturschutzbund Deutschland (NABU). „Die frieren bei solchen Temperaturen durch, und dann wundern sich die Leute, daß im Frühjahr 20 Frösche kieloben im Wasser schwimmen.“ Mindestens 1,50 Meter Tiefe sollten die Teiche haben und, – „Bohrlöcher haben wir schon genug auf der Welt“ – mindestens 3,50 Meter Breite.
„Tausend Tümpel braucht das Land“, lautet die Empfehlung des NABU. Wer noch keinen Gartenteich hat, sollte möglichst in diesem Jahr einen bauen. Nicht heute oder morgen, denn an diese Erde, warnt Wohlers, „kann man höchstens mit Dynamit ran“. Aber planen sollte man schon, sich auseinandersetzen, damit der Bau fach- und tiergerecht erfolgt. Denn nur dann kommen die Libellen, die Goldfische und Fliegen. Und mit etwas Glück kommen auch die Frösche zum Laichen.
Obwohl, allen Gesetzen zum Trotz, immer mehr natürliche Laichgewässer verfüllt oder verbaut werden, ist es absolut verboten, sich aus einem dieser Biotope ein Pfund Quappenlaich für den heimischen Garten zu stibitzen. Man muß schon auf die Freiwilligkeit der Tiere setzen. Und auf deren Glück, wenn sie im Frühjahr die Fahrbahnen kreuzen. Wenn die Autos sich auf den Laichwegen der Lurche in Leichenwagen verwandeln oder scharfgegüllte Äcker in Giftfelder.
Massenhaftes Sterben ist dann angesagt und bedroht die wenigen Lurche, die diesen Winter überleben. Noch wuselt ein gutes Dutzend Arten durch die Natur, doch schon stehen die meisten in der „Roten Liste der gefährdeten Arten“. Hochbedroht ist etwa der Moorfrosch oder der Kammolch, aber auch der ordinäre Grasfrosch und die Erdkröte werden immer seltener gesehen. Schädliche Umwelteinflüsse machen es diesen Tieren zunehmend schwer, ihre natürlichen Bestandsschwankungen auszugleichen. Ein zusätzliches Problem ist, bedauert Rüdiger Wohlers, daß die Tiere erst nach drei Jahren geschlechtsreif werden. Drei kalte Winter, drei gefahrvolle Frühjahre, bevor an Nachkommen überhaupt zu denken ist. Ein hart erkämpftes Wunder der Natur! dah
Der NABU hält Informationen zum Teichbau bereit. Gegen fünf Mark zu bestellen bei NABU Oldenburger Land e.V., Stichwort „Teich“, Schloßwall 15, 26122 Oldenburg.
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