"Friedenstal" in Jericho geplant: Wirtschaftswachstum für den Frieden

So kann es zwischen Israelis und Palästinensern funktionieren: In dem Grenzort Tarkumijeh entsteht mit türkischer Beteiligung ein Industriepark, von dem beide Seiten profitieren.

Planen mehrere Industrieparks im Westjordanland: Schimon Peres, Mahmud Abbas und Abdullah Gül. Bild: dpa

RAMALLA taz Während sich die Politiker in Annapolis noch die Köpfe über gemeinsame Erklärungen zerbrechen, wirken Unternehmer beider Seiten schon an der Umsetzung des Friedensprozesses in wirtschaftliche Zusammenarbeit. In Jericho soll das "Friedenstal" entstehen, ein landwirtschaftlicher und industrieller Park mit israelischer, palästinensischer und jordanischer Beteiligung. Außerdem plant der Sonderbeauftragte des Nahost-Quartetts Tony Blair ungeachtet der momentanen Machtverhältnisse ein Abwasserprojekt im nördlichen Gazastreifen. Am weitestens vorangeschritten sind die Überlegungen für die Errichtung eines Industrieparks in dem Grenzort Tarkumijeh.

An den verkehrsgünstigen Produktionsort wollen 15 palästinensische Geschäftsleute aus der Umgebung von Hebron und Bethlehem ihre Fabriken innerhalb eines Jahres verlegen. Damit sparen sie sich beim Abtransport der fertigen Ware Straßensperren und mühsame, kostenintensive Umwege. Ein unmittelbar hinter den Grenzanlagen liegender israelischer Moschaw (Landwirtschaftskooperative) könnte den "logistischen Ablauf regeln". Meir Lachiani, Verwaltungschef des Moschaw Nechuscha, sieht schon heute Handlungsbedarf für den "engen Verkehr im Grenzbereich", den er mit Hilfe privater Sicherheitsunternehmen auflockern will. Der Moschaw würde außerdem Stellplätze für Lastwagen zur Verfügung stellen sowie Lager- und Kühlräume für die verderbliche Ware einrichten.

Die treibende Kraft hinter dem Industriepark ist Nafez Hirbawi, Vorstandsmitglieder der "Paltrade", dem Verband palästinensischer Privatunternehmen. Der erfolgreiche Unternehmer mit Ambitionen zur Expansion besitzt selbst drei Fabriken in Hebron, wo er Spiralblöcke und Hefte vor allem für den israelischen Markt produzieren lässt und Teigwaren für den lokalen palästinensischen Handel. Zusammen mit seinen 14 palästinensischen Partnern will er knapp 20 Millionen US-Dollar aufbringen, um die ersten Produktionseinrichtungen zu bauen. Rund sechs Millionen sollen von Aktionären finanziert werden. Für die externe Infrastruktur wie Wasser- und Stromanschlüsse und Zufahrtsstraßen habe die Palästinensische Autonomiebehörde bereits die Finanzierung in Höhe von weiteren rund 20 Millionen zugesagt.

Der engagierte Endvierziger gibt sich zuversichtlich. Schon in der ersten der insgesamt auf drei Jahre angelegten drei Phasen sollen "tausende Arbeitsstellen" geschaffen werden. Dabei hofft Hirbawi auch auf türkische Unternehmen, die sich in Tarkumijeh niederlassen werden. Die Initiative für den Industriepark stammt aus der Türkei. Bereits im Herbst 2004 einigten sich palästinensische und israelische Wirtschaftsdelegierte in Istanbul auf das "Ankara Forum" zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Anfängliches Ziel war der Wiederaufbau der Wirtschaftsparks am Grenzübergang Erez zum Gazastreifen.

Der Wahlsieg der Hamas und der folgende internationale Boykott machte den Initiatoren einen Strich durch die Rechnung. In der vorvergangenen Woche unterzeichneten Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, Israels Staatspräsident Schimon Peres und der türkische Präsident Abdullah Gül schließlich ein Abkommen zum Aufbau mehrerer Industrieparks im Westjordanland, angefangen in Tarkumijeh. Der kleine Grenzort im Westen von Hebron war Zielort der früheren "Safe-Passage", der Verbindungsstraße zwischen dem Gazastreifen und dem Westjordanland. Anders als im Industriepark Erez, wo israelische Unternehmen palästinensische Arbeitnehmer beschäftigten, wird unmittelbar in Tarkumijeh zunächst kein israelischer Industrieller beteiligt sein. Dan Catarivas, Generaldirektor der Abteilung für Auslandshandel und internationale Beziehungen beim israelischen Industriellenverband, führt diese Tatsache nicht auf die schlechten Erfahrungen in Erez zurück, wo die Fabriken zu Beginn der "Al-Aksa-Intifada" vor sieben Jahre schließen mussten. "Es gab in Erez solche, die gut verdient haben, und andere, die verloren haben." Sobald es um Geld ginge, "zählen schlechte Erinnerungen nicht mehr", meint Catarivas, der auf israelische Beteiligung zu einem späteren Zeitpunkt hofft. Zunächst seien indes die türkischen Unternehmen aufgerufen, die vor allem "der zollfreie Export in die USA" nach Tarkumijeh locken dürfte.

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