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Friedenskongreß fehlt Orientierung

■ Bundesweite Konferenz der Friedensbewegung am Wochenende in Bonn klopft sich auf die Schulter / Abrüstung sei ihr zu verdanken / Zukünftige Aktivitäten auf Folgekongreß im nächsten Jahr vertagt

Aus Bonn Charlotte Wiedemann

„Der Vertrag über die Mittelstreckenraketen ist nur dann ein abrüstungspolitischer Erfolg, wenn er kein isolierter Schritt bleibt, sondern zum Ausgangspunkt einer Abrüstungsdynamik wird.“ Mit der Verabschiedung dieser Kompromißformel endete gestern die zweitägige bundesweite Konferenz der Friedensbewegung. Der INF–Vertrag sei in einem politischen Klima möglich geworden, das die Friedensbewegung in der BRD „und weltweit“ geschaffen habe. Um den eigenen Anteil am Genfer Verhandlungserfolg zu betonen, sollen in den Tagen um den Gipfel bundesweit Feste und Aktionen laufen. Zu einer sachlichen Bewertung des Abkommens kam es jedoch unter den 400 TeilnehmerInnen der Konferenz kaum. In Plenum und Arbeitsgruppen standen sich die Meinungen gegenüber: Die Minderheit um die sogenannten „unabhängigen Friedensgruppen“ plädierte dafür, „sich nicht selbst in die Tasche zu lügen“ und nicht einen Erfolg herbeizureden, der auf das Konto der sowjetischen Außenpolitik gehe. Demgegenüber standen Positionen, die meinten, die Friedensbewegung habe diese Politik erst ermöglicht. Für den Koordinierungsausschuß sagte Mechthild Jansen, „die Bundesregierung hat sich von der Friedensbewegung Stück für Stück korrigieren lassen müssen.“ Eine Orientierung für künftige Aktivitäten ging nicht hervor, sondern soll auf einer Folgeveranstaltung im Frühjahr gefunden werden. Ein verabschiedeter „Diskussionsaufruf“ umfaßt einen Katalog von Vorschlägen an die Bewegung, der von einer Kampgne zu IWF–Konferenz bis zur „Volksabstimmung über die 50prozentige Reduzierung der Waffen und Streitkräfte in Mitteleuropa“ alles nur denkbare enthält. Konkretere Projekte zeich nen sich bisher an zwei Punkten ab: Der Vorschlag der Grünen, eine Initiative für die Aufnahme des Atomverzichts ins Grundgesetz zu starten, fand Anklang; die Konferenz forderte die Friedensgruppen auf, sich mit den nuklearen Ambitionen der Bundesrepublik zu befassen. Zur deutsch– französischen Militärzusammenarbeit sind gemeinsame Aktivitäten mit französischen Friedensfreunden zum Jahrestag des Elysee–Vertrags im Januar geplant. Zu diesem Zeitpunkt wollen Bonn und Paris einen gemeinsamen Verteidigungsrat und die deutsch– französische Brigade aus der Taufe heben. Die in Bonn Versammelten verurteilten auch die Verhaftungen von Friedensfreunden in der DDR, hatten aber am Ende kaum mehr Geduld, sich mit der Aushöhlung des Versammlungsrechts in der BRD zu befassen: Der Protest dagegen wurde eher pflichtgemäß verabschiedet.

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