: Friedensdienst
■ betr.: „Deutschlands Exportfrie den“ (Ralf Cüppers von der Deut schen Friedensgesellschaft – Ver einte Kriegsdienstgegner zum so genannten Friedensdienst), taz vom 2. 1. 95
Lieber Ralf Cüppers, ich möchte Dich fragen, was Du gern aus Deutschland exportieren würdest, wenn nicht Frieden. Deutschland exportiert Waffen, Armut und so manches Kritikwürdige. Nun kommen ein paar Leute daher, die Frieden exportieren möchten, und da legst ausgerechnet Du als oberster Repräsentant der Deutschen Friedensgesellschaft/ Vereinigte Kriegsdienstgegner Dich quer.
Man kann sich ja über die Friedensdienst-Vorschläge fair streiten, und ich finde da auch noch Mängel und Ungereimtheiten. Durch Dich aber sehe ich das Konzept „ziviler Friedensdienst“ diffamiert mit Behauptungen, die schlichtweg falsch sind. Zunächst schmeißt Du fälschlich die Friedensdienst-Vorschläge von Kirchen und vom Bund für Soziale Verteidigung in einen Topf mit den Hilfscorps-Plänen der CDU.
Den Bezug auf die „Einbindung in das Gesamtverteidigungskonzept“ halte ich für völlig demagogisch. Darum geht es ja den Friedensdienstlern um Theo Ebert gerade, einen pazifistischen Ersatzdienst außerhalb dieser Strukturen zu schaffen. Du ignorierst, daß Freiwilligkeit zu den Grundprinzipien des Konzepts gehört. Unter Zwang würde wohl kaum gewaltfreies Handeln Deutscher in einem Drittland angenommen noch erfolgreich sein können. Das norwegische Modell der sozialen, gewaltfreien Landesverteidigung mit der Möglichkeit, in bewaffnete Verteidigung zu eskalieren, wird von den Friedensdienst-Befürwortern ausdrücklich abgelehnt, schon allein deshalb, weil keine Armee gewaltfreie Verteidiger verschonen wird in dem Wissen, daß in der zweiten Reihe schon die Panzer bereitstehen.
Wie Du effektiven gewaltfreien Widerstand in der Dimension des zivilen Friedensdienstes am Staat vorbeifinanzieren willst, läßt Du völlig unklar. Daß auf dem DFG- VK-Konto selbst einschließlich der seinerzeitigen DKP-Gelder das Komma so weit rechts stünde, kann ich mir nicht vorstellen.
Die Abschaffung der Bundeswehr hängt mir zu sehr in den Wolken des Sankt-Nimmerleins-Tages, als daß ich nicht vorrangig das Modell ziviler Friedensdienst entwickeln würde. Vielleicht sollte sich die DFG-VK „an den entsprechenden Arbeitsgruppen des BSV schlichtweg“ zumindest so weit beteiligen, daß sie erfährt, was die Leute überhaupt wollen, und dann dazu Zeitungsinterviews geben.
Ob da „am deutschen Wesen die Welt genesen“ soll, scheint mir noch dahingestellt. Die „Peace Brigades International“ jedenfalls, die solche Modelle im Miniaturformat schon praktizieren, sind keine deutsche Erfindung. Die nun aus Deutschland einen zivilen Friedensdienst exportieren wollen, Berlin-Brandenburgische Kirche, Konziliarer Prozeß Dresden, BSV oder Christliches Friedensseminar Königswalde, sind gewiß keine Interessenvertreter „der weißen, der reichen Ersten Welt“, dies weißt Du genau und unterstellst das Gegenteil. Das andere würde ich aus meiner Vision nicht ausschließen, daß nordkoreanische Friedensdienstler deutsche AKW inspizieren oder Angolaner gemeinsam mit Deutschen in Deutschland Asylbewerberheime gewaltfrei abschirmen.
Vor allem, aber auch das läßt Du außer acht, geht es in den Vorschlägen für einen zivilen Friedensdienst um eine „landesweite Alphabetisierung in Gewaltfreiheit“ in Deutschland selbst. Wer dies verschweigt oder gegen diese ist, der sollte nicht einer deutschen Friedensgesellschaft vorstehen. Georg Meusel, Werdau/Sachsen
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