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Fremdenfeindliche Hatz in Südafrika"Sie sind eifersüchtig auf uns"

Tausende Einwanderer suchen in Südafrika Schutz in Polizeiwachen vor fremdenfeindlichem Hass: Frauen werden vergewaltigt, Hütten in Brand gesetzt, Geschäfte geplündert.

"Diese Angriffe sind so noch nie da gewesen": Mob nahe Johannesburg Bild: ap

Dicht drängeln sich die frierenden Menschen, sie kämpfen um einen Kelle Suppe für ihre Blechtassen. Oder liegen in lumpige Decken gehüllt auf dem Boden unter freiem Himmel, aber der Schlaf will sich nicht einstellen. Ihre Erlebnisse lassen sie nicht ruhen. "Wird das wieder besser?", fragt Abdallah Mabange mit sorgenvollem Gesicht, die dunklen Augen starren leer unter der Kapuze hervor. Der 26-jährige Mann aus Tansania kommt nicht darüber hinweg, dass er noch gestern einen kleinen Laden in der Innenstadt besaß - heute hat er nichts mehr. "Ich war im oberen Geschoss und sah aus dem Fenster zu, wie sie unten meine Scheiben mit Hämmern einschlugen und alles plünderten."

Er konnte dem Mob, den Fremdenhassern entkommen, die seit Tagen in der Johannesburger Innenstadt Jagd auf Ausländer machen. Er rannte ein paar Straßen durch den Asphaltdschungel, bis er in der Polizeistation im Bezirk Jeppestown Unterschlupf fand. Er schlägt sich durch die kalten Nächte und sucht nach Lösungen für seine Zukunft. In der Eingangshalle des Reviers beklagen sich Südafrikaner über Diebstähle von Handys oder kleine Rangeleien. Niemand von ihnen ahnt, dass sich im Hinterhof des Polizeigebäudes die wahren Tragödien abspielen.

Dort liegen rund 1.500 Menschen aus afrikanischen Ländern auf Beton oder einem winzigen Stück Rasen, ihre Zufluchtstätte nach brutalen Übergriffen der Einheimischen auf ihr Leben. Ein Flüchtlingslager mitten zwischen den Hochhäusern der Wirtschaftsmetropole des Kontinents. Ein Polizeihubschrauber kreist am nächtlichen Himmel und beobachtet die dunklen Straßenschluchten. Ob diese Nacht ruhig bleibt? Polizeidirektor Daniel Louw zuckt die Schultern: "Keine Ahnung." Seit dem vergangenen Wochenende zielen Südafrikaner nicht nur verstärkt in armen Townships rund um die Peripherie der Großstadt auf Fremde, stecken ihre Hütten in Brand oder schlagen sie tot. In den vielen Wohnräumen der oft heruntergekommenen Gebäude der Innenstadt leben Tausende von illegalen Einwanderern, aber auch Asylanten, die jetzt um ihr Leben fürchten, denn andere Schwarze haben es darauf abgesehen.

"Sie sind eifersüchtig auf uns, und auch noch faul", schreit eine junge Frau aus Simbabwe. "Es sind die Zulus, sie gönnen uns nicht, dass wir schlau sind und uns in ihrem Land etwas aufbauen. Sie wollen alles auf dem silbernen Tablett." Ihren Namen will sie nicht nennen, aus Angst.

Die 28-Jährige lebt seit vier Jahren in Johannesburg und teilte mit ihrem Bruder einen Raum in Marshall Street, nahe der Polizeistation. Sie hatte einen Job beim Sandwich-Baron im schicken Viertel Bryanston im Norden der Stadt. Und war außer Haus, als Schlägertrupps vor der Tür standen und ihren Bruder brutal zusammenschlugen. Er floh. Als sie nach Hause kam, fand sie nur noch Trümmer vor. "Ein Mann folgte mir im Treppenhaus, er wollte wissen, was Ellbogen auf Zulu heißt. Ich blieb stumm. Dann wollte er Geld von mir, warf mich aufs Bett und wollte mich vergewaltigen." Sie schlug um sich und rannte, stoppte das nächste Polizeiauto, das ihr entgegenkam, und landete ebenfalls in der Station. "Wir laufen immer mit unserem ganzen Geld herum, weil wir es nirgendwo sicher lassen können." Jetzt sind rund 400 Euro sauer Verdientes weg. Sie will zurück nach Simbabwe. Sie fürchtet sich. Denn von Arbeitslosigkeit und Armut geprägte Schichten in Südafrika, gepaart mit einer tief sitzenden Verrohrung der von Gewalt durchzogenen Gesellschaft, wenden sich gegen die, die Zuflucht suchen. "Makwerekwere", so werden die anderen Afrikaner im südafrikanischen Straßenjargon beschimpft. Sie sollen dahingehen, wo sie herkommen.

Und genau das wird auch Martha Zengerere tun. Sie ist nur 30 Jahre alt, die Spuren der Angst machen sie älter. Im November floh sie vor Robert Mugabes Terror aus Simbabwe. Sie sitzt mit Hunderten von Frauen und Kindern zwischen Decken und Tragetaschen mit Habseligkeiten im Nothilfezelt, das die internationale Organisation Ärzte ohne Grenzen im Hof der Polizei betreut. Ihr eineinhalb Jahre alter Sohn schreit nach Milch, ihre blinde Mutter ist vor Erschöpfung eingeschlafen. Sie haben an den Straßenkreuzungen gebettelt, aber nachdem sie in ihrem angemieteten Billigraum mit Ziegelsteinen geschlagen wurden, hatte sie genug. "Ich versuche morgen, die simbabwischen Taxifahrer zu überreden, uns mit über die Grenze zu nehmen."

Licht scheint vom ersten Stock der Polizeistation auf die Flüchtlinge, die sich draußen auf eine zweite oder dritte Nacht der Ungewissheit einrichten. Die Essensausteilung durch die internationale Organisation Oxfam ist beendet. Polizeichef Louw hat seine Leute um den großen Tisch versammelt, das tägliche "Briefing" steht an. "Diese Angriffe sind so noch nie da gewesen, sie erscheinen zu häufig, schnell hintereinander, sie müssen geplant sein", sagt er. Ob dies wirklich koordiniert geschieht, ist im Augenblick pure Spekulation.

Es sind die Zulus, die Meinung im Hinterhof ist einhellig. "Ich habe hier drüben in Jules Street seit vier Jahren gelebt, und Zulus waren auch in meiner Nachbarschaft. Warum machen sie jetzt so was?" Gresson Mothemba, 20 Jahre alt, stammt aus Mosambik und ist fassungslos. "Wir sind nicht sicher in Südafrika, wir wollen gehen." Sein nur 15-jähriger Freund Carlos Ernesto nickt, er sorgt sich zu sehr. "Wir haben zusammen einen kleinen Handel gehabt. Billig Gürtel bei den Chinesen gekauft, Spielzeug - manchmal haben wir 300 Rand im Monat gemacht und konnte unsere Familien in Maputo unterstützen." Die Apartheid hat sie alle verdorben, schüttelt er den Kopf.

Die jungen Männer wollen reden, sie können nicht schlafen. "Wir haben nur eine Blechtasse voll zu essen, wie soll ich da schlafen. Wir brauchen Decken und hier kann ich krank werden", sagt der 19-jährige Lumu Olivier, ein Waise aus dem Osten Kongos, mit gültigem Asyl. Er gesellt sich zur Runde. Auch sein Geschäftspartner, der 28-jährige Mambuse Bobo. Sie haben Turnschuhe verkauft, mieteten einen kleinen Stand auf dem Bürgersteig. Bis der Mob kam und angriff. Mambuses Lippe ist noch geschwollen, voller Blut, die Zähne zertrümmert. "Wir hatten Glück, aber ich sterbe lieber in meiner Heimat." Sie mögen Südafrika, aber jetzt spricht nur noch die blanke Angst. Sie wollen weg, zurücktransportiert werden. Selbst wenn Kämpfe im Osten Kongos anhalten. "Wir stehlen den Südafrikanern keine Jobs, jeder kann dieses Geschäft aufmachen", sagen sie. Aus dem Chaos des nächtlichen Lagers spricht unglaubliche Frustration.

Die Nachtschicht in der Station hat begonnen. Ein paar Polizeistiefel stampfen heran, bringen noch ein paar Menschen mit Sack und Pack für die Nacht im Freien. Die Fahrt durch die leeren Straßenschluchten wird durch plötzliche Polizeisirenen unterbrochen, Wagen rasen in die Von Brandis Street. Vor einem Hauseingang werden Schüsse abgefeuert. "Move, move", ruft ein Polizist aus seinem heranrasenden Wagen, aber das Drama hält sich in Grenzen. Ein paar Frauen rennen schreiend aus dem Dunkel: "Es sind die Zulus, sie wollen wieder mit den Ausländern kämpfen." Dieses Mal sind sie daran gehindert worden. Doch die Zahl der Opfer hat sich bei Anbruch des Tages wieder erhöht.

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