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Fremde vor der KameraAm Anfang war der Kuss

Ein Kuss ist Ausdruck von Verbundenheit einer Beziehung. Ein Video zeigt jetzt, dass er nicht nur Resultat, sondern auch Ursprung von Nähe sein kann.

Diese beiden kennen sich nicht. Screenshot: http://www.youtube.com/watch?v=IpbDHxCV29A

BERLIN taz | Wenn wir einen Menschen zum ersten Mal küssen, ist das etwas Besonderes. Oft ist es ein Moment, den wir uns in den Tagen, Wochen, vielleicht sogar Monaten zuvor immer wieder vorgestellt haben. Den wir herbeigesehnt haben. Es ist ein magischer Augenblick, mit Schmetterlingen im Bauch und Herzklopfen. Doch was, wenn diese Bekundung der Verbundenheit von Menschen ausgetauscht wird, die gar nichts verbindet?

Dass ein Kuss nicht nur Ausdruck bereits existierender Nähe sein kann, sondern auch Ursprung derselben, zeigt ein dreieinhalbminütiger Film der Regisseurin Tatia Pilieva. Sie bat 20 Menschen, die sich vollkommen fremd sind, um einen Kuss vor laufender Kamera. Das Ergebnis sind rührende Szenen, die einem unwillkürlich ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

„Können wir das Licht ausmachen?“, fragt eine verlegen grinsende junge Frau. Ein junger Mann sieht das Ganze etwas pragmatischer: „Hallo, ich bin Justin. Sollen wir rummachen?“, fragt er, während er der Frau ihm gegenüber die Hand schüttelt. Wie Teenager stehen sich Männer und Frauen in allen erdenklichen Kombinationen verlegen gegenüber, schauen sich in die Augen, fangen an zu kichern. „Ich hab schon seinen Namen vergessen“, sagt eine Frau und prustet los vor Lachen.

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Einen vollkommen Fremden innig zu küssen, scheint gar nicht so einfach. Die Menschen im Video versuchen ihre Fremdheit zu überwinden. „Du hast schöne Augen“, sagt ein Mann seinem Gegenüber. „Lass uns uns kurz in die Augen schauen, in Ordnung?“, fragt eine Frau die andere. Dann berühren sich ihre Lippen. Als sei es der Startschuss gewesen, folgen neun weitere Küsse, die von Fremdheit nichts spüren lassen. Die einen legen vorsichtig die Arme umeinander, während die anderen sich stürmisch umarmen.

Dann ist der Moment vorbei, die Verlegenheit wieder da. „Guter Kuss“, sagt einer anerkennend. Und auch, wenn er dabei unsicher grinst: Diese zehn Paare sind keine Fremden mehr. Der Ausdruck in ihren Augen ist ein anderer. Sie nehmen sich in den Arm, grinsen gemeinsam in die Kamera. Etwas von der Nähe, die einen Kuss ausmacht, ist ihnen geblieben.

***

Ergänzung: Wie wir gerade bei den Blogrebellen lesen, ist das Video ein Werbespot der amerikanischen Modekette Wren. Sorry, dass das uns erst jetzt aufgefallen ist. Das ändert jedoch nichts daran, dass es schlicht schön ist.

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8 Kommentare

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  • J
    jablon

    HallO! Ich vermisse meinen Kommentar, den wo ich euch darauf aufmerksam gemacht habe, dass die Blogrebellen schreiben, dass es sich um Werbung handelt. Alles nicht so seriös, findet ihr nicht?

  • M
    Motzmeister

    Wenn man sowas weiß und trotzdem gut findet verarscht man: 1. sich selber, weil man sich von einer als authentische Realität verkleideten Werbescheinwelt blenden und damit von Menschen ins Bockshorn jagen lässt, deren Beruf es ist, anderen Menschen durch Mobilisierung verdeckter Sehnssüchte, Dinge zu verkaufen, die sie nicht brauchen,

    und 2. die Menschen, die unter großer Mühe und für wenig Lohn Baumwolle ernten und Hemdchen nähen,

    und 3. eine Zeitungsleserschaft, die von ihrer Zeitung einen kritischen Umgang mit den Auswüchsen der Kulturindustrie erwartet.

    • @Motzmeister:

      Wutbürger ahoi! Sicher ist die Werbeindustrie furchtbar perfide und in den meisten Fällen besser mit Schutzanzug zu betasten, aber in diesem Fall kommt nichtmal offensichtlich ein Produkt vor. Hätte der Artikel diese Information nicht ergänzt, wäre ich nicht darauf gekommen, hier Werbung vor mir zu haben.

      Fühlen Sie sich durch diesen Film etwa spontan verleitet, neue Kleidung zu kaufen?

      • M
        Motzmeister
        @Thunfischtorte:

        Wutbürger-Etiketten-Verkleber ahoi! Klar kommen da Produkte vor. Viel wirksamer ist Werbung doch, wenn sie nicht als solche daherkommt. Vielleicht gerade bei der angesprochenen Zielgruppe. Natürlich geht es nicht darum, ein konkretes Kleidungsstück zu verkaufen, sondern einen Lifestyle, ein Bündel, zu dem die Küsserei genauso gehört, wie das Benehmen der wahrscheinlich unter hunderten gecasteten und mit Fummeln ausstaffierten Darsteller. Letztlich reicht doch der kurze Hinweis auf Wren am Anfang aus, um einen klaren Bezug zwischen Videoinhalt und der Kleidungsmarke herzustellen.

  • A
    atro

    Dass soll eine neue Erkenntnis sein? Dass ein Kuss der Anfang von Nähe sein kann?

    Dafür braucht es dieses "künstlerische" Video nicht.

     

    Die Anziehungskraft dieser Aktion liegt nicht in ihrer angeblichen Entdeckung, sondern in der Sensationlüsternheit des Publikums, seiner Einsamkeit, seinem Glauben an Hollywood-Illusionen und dem Urprinzip "sex sells".

     

    Booooooring!

    • @atro:

      Sie haben scheinbar nur die halbe Aussage verinnerlicht. Für viele Menschen kommt erst die Anziehung zu einem Menschen und nach einer Weile der körperliche Kontakt.

      Was hier versucht wird, ist quasi sich mit Zärtlich- und Körperlichkeit kennenzulernen, was selbst für mein kitschresistentes Empfinden sehr rührend und angenehm anzusehen ist.

       

      Ausserdem: Ich finde es enorm übertrieben, in jeder Zärtlichkeit direkt das Printip "sex sells" zu sehen.

      • A
        atro
        @Thunfischtorte:

        Falls Sie es noch nicht mitbekommen haben - das ist ein Werbevideo einer Klammotenfirma.

         

        Und es hätte bestimmt nicht so eine Wirkung gehabt, wenn sich die Protagonisten nur die Hände geschüttelt hätten.

         

        Außerdem: Auch hier kommt die Anziehung vor dem Kuss. Vielleicht nur kurz, aber dennoch. Oder stecken Sie jemandem die Zunge in den Hals, den sie abstoßend finden?

  • F
    fuhn

    blödsinn, es kommt nicht zum kalten krieg. dieses szenario kann nicht passieren.