: Fremde Welt?
■ betr.: „Beifall für den Tanz der Geschlechter“, taz vom 8.9. 97
[...] Der Artikel im ganzen hat bei mir den Eindruck hinterlassen, daß die Autorin sich krampfhaft bemüht, einen für die LeserInnenschaft der taz nachvollziehbaren Zusammenhang herzustellen von einer für sie selber fremden Welt. Klar, diese Welt ist wahrscheinlich einigen fremd, aber ich fände es besser, sich dann auf weniger Zeilen auszubreiten. Anstelle dessen, so habe ich den Eindruck, wurden einige als bekannt vorausgesetzte Stützpfeiler (Vorurteile, da Klischee?) bemüht, um die Lesenden in dieser fremden Welt nicht alleine und verständnislos herumtrudeln zu lassen. So zum Beispiel die Aversion von Lesben gegen „Weiblichkeit“, daß ein 50jähriger Mann aufgrund seiner heterosexuellen Orientierung draußen bleiben mußte und daß sich in den letzten 35 Jahren schon sehr viel geändert hat – hatte der Polizeieinsatz vor der Veranstaltung doch weniger mit Diskriminierung als mit einer verkehrstechnischen Maßnahme zu tun.
Ich weiß nicht, ob es was bringt, der Nachvollziehbarkeit halber dieses Altbekannte und wie gesagt zum Teil vorurteilsbeladene Allgemeinwissen zu gebrauchen und damit den Sinn solcher Veranstaltungen ad absurdum zu führen. Manchmal mag das Verstehen noch hinterherhinken, die Worte fehlen, aber dann ist es eben so.
Und überhaupt: Auf die Frage, ob es sich um ihre Autobiographie handeln würde, antwortete Leslie Feinberg, daß es sich um Fiktion handle, da die Fiktion die reine Wahrheit besser ausdrücken könne. Andrea Graf
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