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Freispruch für US-Asylhilfebewegung

In New Mexico standen ein Pfarrer und eine Journalistin vor Gericht, die zwei salvadorianische Frauen in die USA geschmuggelt hatten / Die Flüchtlingshilfebewegung „Sanctuary“ wertete die Anklage als Einschüchterungsversuch der kritischen Presse  ■  Aus Washington Stefan Schaaf

Mit einem Freispruch endete der zweite Versuch der US -amerikanischen Einwanderungsbehörde INS, die „Sanctuary„ -Bewegung in den Vereinigten Staaten, welche zentralamerikanische Flüchtlinge unterstützt, zu kriminalisieren. Eine Jury in Albuquerque hielt am Dienstag nach zweiwöchiger Verhandlung die beiden Angeklagten, einen protestantischen Pfarrer und eine Journalistin aus New Mexico, in allen Punkten für „nicht schuldig“. Der Fall nahm vor zwei Jahren seinen Ausgang, als die Journalistin Demetria Martinez einen Anruf erhielt. Der Artikelvorschlag, den ihr ein örtlicher Pfarrer im August 1986 am Telefon machte, gefiel ihr. Die Journalistin aus Albuquerque schrieb häufig für kirchliche Publikationen und arbeitete deswegen öfter mit Kirchenmitarbeitern zusammen. Diesmal ging es um eine moderne Version der Weihnachtsgeschichte: um zwei schwangere Frauen aus El Salvador, die vor den Kriegswirren in ihrem Heimatland in die USA fliehen wollten, um dort ihre Kinder zur Welt zu bringen. Die Kinder, so war es geplant, sollten zur Adoption freigegeben werden.

Martinez hatte schon häufiger über die „Sanctuary„-Bewegung berichtet, die Flüchtlinge aus Zentralamerika in die USA schleust, ihnen Asyl in Kirchen gewährt und dafür sorgt, daß sie - meist in Kanada - eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Der Ausrufer verschaffte ihr jetzt die Möglichkeit, eine solche Schmuggelaktion selbst mitzuerleben. Sie und ihr Informant, der Reverend Glen Remer-Thamert, trafen in Ciudad Juarez mit den beiden Frauen zusammen, und die Journalistin machte ein Interview. Nur der Rio Grande trennt Ciudad Juarez in Mexiko von der texanischen Stadt El Paso, wo die Journalistin kurz darauf die beiden salvadorianischen Frauen wiedertraf. Zu viert fuhren sie nach Albuquerque, wo Demetria Martinez sich von Remer-Thamert und den beiden Frauen verabschiedete.

Die Polizei in Albuquerque erfuhr von dem Aktivisten Remer Thamert durch einen anonymen Anrufer, der den Pfarrer beschuldigte, „Kinder zentralamerikanischer Flüchtlinge zu verkaufen“. Im Dezember erhob der Staatsanwalt Anklage nicht nur gegen den Pfarrer, sondern auch gegen die Journalistin Martinez. Mitglieder der „Sanctuary„-Bewegung in New Mexico werteten vor allem die Anklage gegen Demetria Martinez als Versuch der Einschüchterung ihrer Bewegung wie auch der Presse, die kritisch über die Zentralamerika -Politik der Reagan-Administration und auch über Widerstandsaktionen gegen diese berichtet.

Der bisher einzige andere Prozeß gegen die Asylhilfebewegung in den Vereinigten Staaten endete im Mai 1986 mit Schuldsprüchen gegen die acht Angeklagten. Die Strafen wurden jedoch zur Bewährung ausgesetzt, gegen das Urteil wird gegenwärtig appelliert. Im Gegensatz zu jenem Verfahren wurde diesmal der Verteidigung zugestanden, die Situation in Zentralamerika und die Motive der Flüchtlinge, ihre Heimatländer zu verlassen, in den Prozeß einzubringen. Außerdem berief die Verteidigung sich auf eine Proklamation des ehemaligen Gouverneurs von New Mexico, Tony Anaya, der seinen Staat im März 1986 zum „Sanctuary-Staat“ erklärt hatte, in dem Flüchtlinge nicht verfolgt würden. „Vor allem diese Erklärung Anayas hat die Jury zum Freispruch veranlaßt“, sagte Penny Deleray vom „National Sanctuary Defense Fund“ in San Francisco am Mittwoch zur taz. Sie betrachtet den Ausgang des Prozesses als Erfolg weil die Verteidigung die gesamten Umstände der Flucht aus Zentralamerika zur Sprache bringen konnte.

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