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Freie Fahrt in Ex-Jugo

■ Der berüchtigte Autoput zwischen Zagreb und Belgrad ist wieder geöffnet

Split (taz) – Heute soll die Autobahnverbindung zwischen Hauptstädten Kroatiens und Serbiens wieder für den internationalen Verkehr freigegeben werden. Damit wird allen Reisenden zwischen Zagreb und Belgrad der zeitraubende Umweg über Ungarn erspart bleiben. Doch der Normalisierung von Handel und Verkehr zwischen beiden Staaten fehlt bislang die politische Ergänzung. Wegen des Streits um die Halbinsel Prevlaka an der süddalmatinischen Küste verweigern Belgrad und Zagreb einander nach wie vor die volle gegenseitige politische und diplomatische Anerkennung.

Die Autobahnverbindung, die zur kommunistischen Zeit „Straße der Brüderlichkeit und Einheit“ hieß, war in den vergangenen Jahrzehnten eine der meistbefahrenen, aber auch unfallträchtigsten Autobahnabschnitte Europas. Zahllose Autowracks säumten die Straße.

Die jetzt freigegebene Verbindung führt auch durch Ostslawonien, das letzte von Serben kontrollierte Gebiet in Kroatien. Erstmals werden jetzt an der Grenze zwischen Ostslawonien und Serbien kroatische und serbische Polizisten und Zöllner gemeinsam die Grenzabfertigung übernehmen.

Ostslawonien war im November 1991 von serbischen Freischärlertruppen und Einheiten der damaligen Jugoslawischen Volksarmee erobert worden. Die Tragödie der Menschen in der Stadt Vukovar, die im Herbst 1991 wochenlang belagert worden war, erschütterte damals die Weltöffentlichkeit und beschleunigte den Prozeß zur diplomatischen Anerkennung Kroatiens. Ostslawonien friedlich in den kroatischen Staat zu reintegrieren war eines der Versprechen, das Kroatien im Zuge des Dayton- Abkommens Kroatien gegeben worden war.

Die völlig zerstörte Barockstadt Vukovar wird wie das gesamte Ostslawonien wieder von Kroatien verwaltet werden, versprach der internationale Unterhändler Jacques Klein gestern dem kroatischen Präsidenten Franjo Tudjman. „Wir hoffen, daß die Demilitarisierung der Region spätestens am 1. Juni beginnen kann“, so Klein. Die Demilitarisierung sei der Schlüssel für die friedliche Reintegration der Region. „Danach können wir mit dem wirtschaftlichen Wiederaufbau der Region beginnen.“

Zur Zeit leben nach Schätzungen rund 150.000 kroatische Serben in der Region Ostslawonien. Zehntausende von ihnen sind ehemalige Bewohner aus anderen, ehemals von Serben bewohnten Gebieten Kroatiens, die während der Militäraktion der kroatischen Armee im August 1995 fliehen mußten. Mit der Reintegration Ostslawoniens könnten diese Menschen die kroatische Staatsbürgerschaft erlangen und damit in ihre Heimat zurückkehren. Damit wäre der Krieg in Kroatien endgültig beendet. Erich Rathfelder

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