: Freidenkertum wird belohnt
■ Von der Schwierigkeit, Bundesgartenschauen und hippe Aschenbecher an BSAG-Haltestellen in Bremen zu installieren / Erste Bilanz des Sparkassen-Ideenpuzzles
Träumer aufgepasst: Es gibt so etwas wie professionelle Ideen-Verwirklicher. Ralf Bäuchl ist so einer. Eigentlich PR-Berater, jetzt Projekt-Consultant bei der Bremer Sparkasse. Seit Sommer nämlich rackert er sich an 20 prämierten Ideen ab, deren Umsetzung die Sparkasse zur Feier ihres 175-jährigen Jubiläum mit einer Millionen Mark bezuschusst.
Fünf Monate Management der skurilsten Einfälle liegen jetzt hinter Bäuchl. Gestern zogen er und die Sparkasse Bilanz: Zwei Striche auf der Seite der abgearbeiteten Projekte (eine transportable Bühne und 30.000 Mark Sponsoren-Geld für Schulen). Dafür 14 Striche bei den „noch zu realisierenden Ideen mit Abschluss in 2001 oder später“. Schließlich kann man sich auch mit der Knete der Sparkasse noch keine Bundesgartenschau kaufen oder gar einen verbesserten Nahverkehr im Viertelstundentakt nach Bremen-Nord.
Beide Projekte gehören tatsächlich eher unter die Rubrik „schöne Träume“, sind ansonsten aber aussichtslos. Die Bundesgartenschau (BUGA) zum Beispiel – vor fünf Jahren vom Senat schon mal anvisiert – hätte die Hansestadt nach damaligen Berechnungen 127 Millionen Mark gekostet. Auch die besseren Bahn-Taktzeiten nach Bremen-Nord würden einmalig mit 540 Millionen Mark zu Buche schlagen.
Ralf Bäuchl hilft sich in solchen Fällen mit ein paar Kniffen, schließlich muss er 20 und nicht bloß 18 umgesetzte Ideen abliefern. Wenn die Bundesgartenschau beispielsweise ganz klar „politisch nicht durchsetzbar“ ist, dann konzentriert man sich eben auf ein Teilstück. Konkret heißt das: Eine Unterstützung der Wallanlagen, das „Herzstück“ der damaligen Planungen, wäre nachgerade „ideenkonsequent“. Bäuchl schlägt so gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Schließlich hatten sich dutzende BremerInnen beim Ideenwettbewerb Ruderboote in den Wallanlagen gewünscht. Das zusammen genommen ergibt doch eine prima Mini-Bremer-Wall-Garten-Schau. Mit der sich auch Ideen-Geber Bodo Harms noch einverstanden erklären kann.
Ungleich schwieriger ist da das Problemkind Nahverkehr. Hier kann Bäuchl bloß eine Infokampagne bezahlen, die für die Umsetzung des teuren Verkehrskonzepts plädiert. Ohne die Sparkasse hätte Initiatorin Hannelore Bade „nur einen Brief schreiben können“, so gäbe es aber die Möglichkeit, per Kampange die Politiker zu überzeugen. Vielleicht zumindest.
In der Regel aber machen selbst vermeintlich leichte Ideen erstmal Probleme. Der „Raucheraschenbecher an Bushaltestellen“ zum Beispiel gestaltet sich ausnehmend schwierig. „Da unterschätzt man die Bürokratie“, stöhnt sogar ein absoluter Profi-Problemlöser wie Bäuchl. Zwar kommen die Kippenfänger – vermutlich Anfang 2001 – aber vorher muss noch ein Ausschuss gefragt werden, ob die Teile auch Vandalismus-sicher sind. Dann muss ENO beauftragt werden, die Aschenbecher regelmäßig zu leeren. Und drittens müssen sich die Ascher natürlich gekonnt ins Corporate Design der Bushaltestellen fügen. Trotzdem: Kippi ist auf dem besten Weg. Und ein weiteres Problem der Liste so gut wie abgehakt.
In greifbare Nähe ist inzwischen selbst Birgit Wesselys Traum gerückt, Sonnenuntergänge über den Wipfeln des Bürgerparks zu sehen. Einen Turm hatte sie sich gewünscht. Und Bäuchl hat ihn gefunden – den stillgelegten Aussichtspavillion beim Stadtwald. Den um zehn Meter aufgestockt – und schon hätte man freie Sicht über die Bäume. So einfach ist das.
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P.S. Das nächste realisierte Projekt: Am 1.12. die Premiere der LichtMusik am Rathaus.
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