: Frauentag 8.März unter neuen Vorzeichen
■ „Frauen fliegen als erste raus“/ 'adn‘-Männer berichten: Frauenvereine wollen am 81.Internationalen Frauentag für ihre Rechte klagen/ Über die Hälfte der Arbeitslosen sind Frauen, Notstand bei Horten/ Gewalttätigkeiten nehmen zu
Halle. Auf die zu DDR-Zeiten am 8.März üblichen Kaffeetafeln und Blumen wollen die halleschen Frauen und Mädchen verzichten, dafür aber beim diesjährigen 81. Internationalen Frauentag um so deutlicher ihre Rechte einklagen. Nicht Feiern, sondern Kampf um die reale Gleichberechtigung ihres Geschlechts in der Gesellschaft — dieses Anliegen steht am Freitag im Mittelpunkt eines Tages der offenen Tür in der Hallenser Beratungsstelle des DFD e.V. und wird wohl auch an einem Informationsstand von Frauenverbänden auf dem Markt heftig umstritten sein.
Als die II. Internationale Frauenkonferenz im Jahre 1910 den Vorschlag Clara Zetkins annahm, einen Internationalen Frauentag zu begehen, stand der Kampf um die Gleichberechtigung der Frauen im seinem Zentrum. In diesem Ringen stehen die Frauen heute vor einem neuen Kapitel. Dabei dürfte es zuerst um die Bekämpfung der hohen Arbeitslosenquote gehen. Weit über die Hälfte der Erwerbslosen sind Frauen. Sich nicht wieder an den Kochtopf, ins Abseits drängen zu lassen, haben sich deshalb Frauenverbände auf ihre Fahnen geschrieben. So kritisiert der Unabhängige Frauenverband (UFV), daß Frauen in führenden Positionen zuwenig vertreten sind. Gewalttätigkeiten gegen Frauen hat der Demokratische Frauenverband (DFD) e. V. ins Visier genommen. Geschäftsführerin Sabine Deckert führt dabei die Beratungsstelle des DFD und ein Frauenkommunikationszentrum ins Feld, das von der Gleichstellungsbeauftragten des Magistrats, Susanne Schmotz, unterstützt wird. Den leidenden Frauen sollte endlich auch mit der Einrichtung eines schon lange geplanten Frauenschutzhauses geholfen werden, führt Frau Deckert weiter an. Von ihren Männern oder auf offener Straße mißhandelte Frauen sollen dort — zumindest zeitweilig — Obdach und Geborgenheit finden. Der UFV, so dessen Geschäftsführerin Wera Pretzsch, will dabei auch Asylbewerberinnen und ausländische Frauen einbezogen wissen.
Das Bild der Frauenverbände prägen aber auch Gespräche in der Aktion „Frauen an einen Tisch“, die von der Gleichstellungsbeauftragten ins Leben gerufen wurde. In ihr wurden Vertreterinnen von Frauenverbänden zusammengebracht, um für die weitere Arbeit gemeinsame Ziele zu beraten. So soll der Paragraph 218 in der Diskussion bleiben, um ihn für ungültig erklären zu lassen.
„Frauen fliegen als erste auf die Straße, Schwangerschaft als Problem, Notstand bei Horten und in der Schülerspeisung, Prostitution, Gewalt gegen Frauen — soll die deutsche Einheit so aussehen?“, hatte der DFD auf seine Wahlplakate zur ersten freien Wahl in der DDR am 18.März 1990 geschrieben. Optimistischer klingt da der Schlußsatz im Programm des UFV „Für eine fröhliche Revolution der Frauen mit politischer Konsequenz“. Dirk Furchert
und Holger Hartenstein/adn
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen