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Frauenquote im JournalismusWie ein Möbelstück

Für mehr weibliche Chefs organisiert sich die Initiative „Pro Quote“ nun als Verein. In einigen Medien herrsche immer noch ein „Klima der Angst“, so die Initatorinnen.

Allein unter Anzugträgern. Bild: imago/CordonPress

Einen Monat nach Beginn der Kampagne „Pro Quote“ für eine Frauenquote in den Chefetagen deutscher Medien zogen die Initiatorinnen am Samstag in Hamburg eine positive Bilanz. Auf einer Vollversammlung mit einem Großteil der 350 Unterstützerinnen präsentierten sie die Antworten von Chefredakteuren auf die Forderung nach einer 30-Prozent-Quote.

Zwar hatten nur 28 von 200 Angeschriebenen geantwortet, doch von diesen erklärten mehrere, sich für eine Quote einzusetzen. „Wir nehmen den Ball auf und werden alles in unserer Macht Stehende tun, dieser Forderung auch gerecht zu werden“, sagte Giovanni di Lorenzo, Chefredakteur der Zeit.

Immerhin seien angesichts der Forderungen andere Chefredakteure in Erklärungsnot geraten, berichtet Rafaela von Bredow, Redakteurin beim Spiegel. Bei Stern, SZ und Zeit haben sich nun Frauengruppen gebildet. Die Initiative „Pro Quote“ wird sich als Verein konstituieren, der sowohl Zahlen erheben lässt als auch eine Art Jobbörse einrichten will. Darin sollen Führungsstellen und mögliche Bewerberinnen transparent gemacht werden, um der Standardauskunft „Es gibt keine Frauen“ etwas entgegenzusetzen. Denn nur 2 Prozent der ChefredakteurInnen in Deutschland sind weiblich.

„Erschütternd“ nannte von Bredow die Berichte, nach denen viele Frauen sich zwar für eine Quote aussprächen, sich aber nicht trauten, offen für sie zu unterschreiben. Von einem „Klima der Angst“ in verschiedenen Medien wurde auf der Vollversammlung in Hamburg gesprochen.

Ehrengast Arbeitsministerin Ursula von der Leyen präsentierte sich kampfeslustig: „Wir werden uns nicht mehr verstecken!“ Das riet auch die pakistanische Journalistin Hani Yousuf, ebenfalls Ehrengast der Veranstaltung. Ihr Eindruck nach einem halben Jahr Fellowship bei der Welt: Viele Frauen würden dort wie Möbelstücke behandelt. Nie in ihrem Leben sei ihre Expertise so ignoriert worden wie in dieser Zeit.

Darauf angesprochen, meinten KollegInnen, das liege sicher an ihrer Herkunft. „Heißt das, die Deutschen wollen lieber Rassisten als Sexisten sein?“, fragte Yousuf.

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6 Kommentare

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  • K
    Karsten

    Man kann sich immer hinstellen und fordern, fordern, fordern...

     

    Wenn man die Dinge in die Hand nimmt, dann klappt es auch mit der Beförderung. "Gläserne Decken" sind völlig fiktiv und frei erfunden. Wir können ja eine Quote analog zu den Unternehmensgründungen der Geschlechter etablieren. Wollen die Frauen nicht? Macht nichts, denn Quoten sind auch eine komplett dämliche Idee.

     

    Es ist erstaunlich wie schnell Menschen annehmen, dass ihnen irgendwas aufgrund Merkmal XY zusteht...

    Belohnt werden müssen die, die sich durch Kompetenz durchsetzen. Ändert man dieses System, dann ist Leistung irrelevant und diese wird dann natürlich schnell nachlassen.

     

    ps: Damit will ich nicht sagen, dass jeder Chef-Posten nur durch Kompetenz errungen wurde. Aber das Problem haben Männer ebenso.

  • H
    Hega

    Stand der gleiche Kommentar nicht schon mehrere 1000 mal in der taz? Soll das Journalismus sein? Und soll so schlechter Journalismus ernsthaft ein Argument für die Quote sein. Lächerlich.

  • G
    gutgemeint

    Sturm im Wasserglas - "Klima der Angst" - schon klar. Da ist wohl jemand zu oft gegen die gläserne Decke gestoßen, sodass er/sie/es jetzt ganz, ganz große Angst haben muss. Warum eigentlich?

     

    Warum bringt dieser tolle Verein nicht seine eigene Zeitung raus? Es gibt doch all die tollen Argumente all dieser tollen Schreiber und Schreiberinnen, warum gerade alles von Frauen für Frauen und sowieso ein ultimativer Erfolg wird. Warum warten, und die bösen, bösen Männermedien als kleine, arme, schützenswerte Frau auch noch mit überlegener aber zu schlecht entlohnter Arbeit (23%) zu fördern?

    Warum nicht die megagute Überausbildung zum Erfolg nutzen? Frauen gründen doch die besseren Unternehmen, automatisch! Steht doch auch ständig in diesen männerverseuchten Presseerzeugnissen, also wird es doch wohl stimmen, oder? [wie kommt das eigentlich immer durch den bösen männlichen Meinungsfilter? Und wie tötet der Blogs?] Schließlich haben Genderologinnen daran geforscht, und die würden ja wohl kaum parteiisch sein, wenn es um die eigene Job-Existenzberechtigung und die Anstellung im öff.Dienst geht, oder? Schließlich könnte jede Genderologin einen gutbezahlten Top-Job in der Wirtschaft kriegen.

     

    Man kann natürlich fragen, ob eine Unterschrift unter einer glasklaren, irgendwie dreisten und vor allem deckenfreien Forderung nach Freibeförderung und mehr Geld nur und besonders für die Unterzeichnerinnen ein Ziel ist, mit dem man sich objektiv viele Freunde macht.

     

    Die Fluglotsen haben das nicht geschafft, aber die hatten einen langen Hebel, da gute und schwere Ausbildung. Ob das Geschreibe der guten Ausbildung im inflationär überschwemmten Medienbereich ausreicht um hier ein paar männliche Kollegen aus dem Rennen zu schießen, um seine eigenen Chancen zu erhöhen?

  • JB
    Jane Bond

    Journalistische Leistung lohnt sich offensichtlich nicht, wenn man das "falsche" Geschlecht hat und eine Frau ist.

     

    Wenn das einer pakistanischen Journalistin bei einer deutschen Zeitung in Deutschland (Die Welt, Springer-Konzern) auffällt, dann ist das erschreckend.

     

    Deutschland braucht in diesem Bereich offenbar dringend Entwicklungshilfe!

     

    Artikel-ZITAT:

    "(...) die pakistanische preisgekrönte Journalistin Hani Yousef, ebenfalls Ehrengast der Veranstaltung. Ihr Eindruck nach einem halben Jahr Fellowship bei der Welt: Viele Frauen würden dort wie Möbelstücke behandelt. Nie in ihrem Leben sei ihre Expertise so ignoriert worden wie in dieser Zeit."

  • UL
    Ulrike Landhoff

    Das sagt schon alles:

     

    "Zwar hatten nur 28 von 200 Angeschriebenen geantwortet"

     

    Nur 28 von 200 Chefredakteuren haben sich überhaupt herab gelassen auf die (eigentlich zu lächerlich geringe) Forderung nach nur 30 Prozent Frauen auf allen Hierarchieebenen der Medien zu antworten!

     

    Das ist die Arroganz der Männer, die nicht mal ein Drittel Macht an Frauen in den Medien abgeben wollen.

     

    Eine Vereinsgründung ist ein guter Anfang. Aber wie geht es weiter?

     

    Wenn JournalistInnen sogar Angst haben müssen, die Forderung nach der o.g. Frauenquote zu unterzeichnen, zeigt das wie erschreckend weit weg wir im 21. Jahrhundert immer noch von der Gleichberechtigung der Frauen (u.a.) in den deutschen Medien sind!

     

    Und die Medien bestimmen, welche Meinungen veröffentlicht werden. Wenn da weiterhin stets meist konservative Männer das Regiment führen, wird sich bewusstseinsmäßig und faktenmäßig nicht viel ändern.

     

    Ich denke Frauen müssen selbst mehr (online-) Zeitungen etc. gründen, sonst wird es die nächsten Jahrzehnte wohl auch kaum mehr als die mickrigen 2 Prozent Chefredakteurinnen geben.

     

    Denn Männer stellen - gemäß der heimlichen verfassungswidrigen 98 Prozent Männerquote - Männer für die guten Jobs ein.

  • H
    HamburgerX

    Darf ich die Autorin des Artikels gleich auf einen Fehler hinweisen?

     

    Hani Yousef ist falsch, richtig Hani Yousuf.

     

    Zur Frauenquote: Verfassungswidrige, staatlich vorgeschriebene Diskriminierung Einzelner zu einem kollektiven Zweck, der noch nicht mal bewiesen und richtig begründet ist, während immer neue Studien erscheinen, die die wirtschaftliche Schädlichkeit der Quote nahelegen, wird sicher nicht auf Begeisterung stoßen. Wer so etwas also unterschreibt, soll ruhig Angst vor Verfassungswächtern bekommen.