Frauenhandball beim Buxtehuder SV: Traditionsverein im Wandel
Der Buxtehuder SV ist bekannt für gute Jugendarbeit im Frauenhandball. Doch trotz erfolgreicher Talententwicklung ist das Team dem Ende der Tabelle nah.
Vieles soll bis zur Heim-WM 2025 (gemeinsam mit den Niederlanden) besser werden, so der Wunsch des Deutschen Handballbundes (DHB). Hier kommen die Bundesliga der Frauen (HBF) und die Vereine ins Spiel: Dort werde nicht professionell genug gearbeitet, es fehle an Vermarktung, Ausbildung, Hallengröße, so der inhärente Vorwurf des DHB. „Wir sind sowohl individual-technisch als auch individual-taktisch hinter der Weltspitze“, sagte DHB-Vorstand Sport Ingo Meckes.
Eine Zentralisierung soll Abhilfe schaffen: In Zentren (Hamburg, Stuttgart, Leipzig und ein vierter Standort) werden die besten Spielerinnen ab 14 Jahren unter der Woche trainieren – und erst am Freitag zu ihren Stammvereinen zurückkehren. Kaum ein Klub hat das nicht als Misstrauen gegenüber der eigenen Talent-Entwicklung begriffen.
Das ist die Folie, vor der man die Arbeit bei einem Traditionsverein wie dem Buxtehuder SV (BSV) betrachten muss. In Jolina Huhnstock stand zwar nur eine aktuelle BSV-Spielerin im DHB-Kader. Doch schauen die Nationalspielerinnen Emily Bölk, Katharina Filter, Annika Lott, Lisa Antl und Alexia Hauf auf eine teils langjährige Buxtehuder Vergangenheit zurück.
Nachwuchsinternat und neue Halle
Das unterstreicht zum einen die hervorragende Jugendarbeit; in Buxtehude ist Frauenhandball identitätsstiftend für Klein und Groß. Zum anderen weist es darauf hin, dass sich der BSV lange Jahre als Ausbildungsverein begriffen hat, denn hier hatte das Wachstum irgendwann seine Grenzen, und Bölk und Co, die in der Szene Stars sind, zogen weiter.
Um den Bundesliga-Spielbetrieb mit einem geschätzten Etat von unter einer Million Euro für Spielerinnen und Stab am Laufen zu halten, muss in Buxtehude ein Rädchen ins andere greifen. Der Verein versteht sich nicht zuvorderst als Zubringer der Nationalmannschaft, sondern als regionaler Unterhaltungsbetrieb mit Frauenhandball als Produkt. Schon diesem wird immer mehr abverlangt, um mithalten zu können. Der BSV will in einer wirtschaftlich schwierigen Lage wachsen, er muss wachsen: Im Sommer wurde das Nachwuchsinternat mit 17 Plätzen eröffnet – das dürfte eine Sogwirkung für den ganzen Norden und darüber hinaus entwickeln. Bundesweit gab es Applaus für diesen Schritt.
Ab der Saison 2025/26 soll in der neuen, 23 Millionen Euro teuren „Halle Nord“ gespielt werden. Sie bietet mehr als den bisherigen 1.300 Menschen Platz und sorgt für Komfort, Auslauf und Gastronomie. Für den Bundesliga-Handball in Buxtehude ist diese Spielstätte notwendig. „Ab der kommenden Saison gelten im Zuge der Professionalisierung unserer Liga neue Anforderungen“, erklärt Timm Hubert, Geschäftsführer der Handball-Marketing-Gesellschaft. Ein einheitlicher Boden, Tribünen an beiden Stirnseiten und moderne Anzeigetafeln gehören dazu.
Ausbildung ist Fluch und Segen
Dabei ist es Fluch und Segen, so gut auszubilden, wie es der BSV tut. Denn Umbrüche gibt es nun quasi vor jeder Saison. Nach Jahren im oberen Mittelfeld musste Dirk Leuns Team bis zum Freitag warten, ehe es die nächsten beiden Punkte gab – das 27:26 gegen Frischauf Göppingen war der erste Saisonsieg nach zwei Unentschieden zum Serienbeginn.
„Wir müssen uns mit dem Thema Abstiegsrelegation beschäftigen“, sagt Cheftrainer Dirk Leun. Der eine Absteiger wird in einem neuen Modus namens „Play-down“ gefunden; die letzten vier Klubs spielen ihn aus.
Nervös ist beim BSV keiner. Die Niederlagen gegen Spitzenteams wie Ludwigsburg waren eingeplant, doch tat das 20:34 in Blomberg zwei Tage vor Heiligabend weh. Da wurde Leun ungewohnt deutlich, sagte, dass keine Spielerin Bundesliganiveau erreicht habe. Dabei hatte er in der ersten Partie nach der EM-Pause das Zusammenspiel zwischen den Torhüterinnen und der Abwehr trainieren lassen, hat sein Team hier doch Schwächen, werden die beiden Keeperinnen Laura Kuske und Sophie Fasold zu oft im Stich gelassen. Umso erfreulicher, dass Fasold gegen Aufsteiger Göppingen den Sieg festhielt.
Am Sonntagnachmittag konnten die Buxtehuderinnen über ihren zweiten Sieg jubeln. Mit 27:20 waren sie auch gegen den BSV Sachsen Zwickau erfolgreich. Damit klettert der Buxtehuder SV in der Tabelle auf den vorvorletzten Rang.
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