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Frauen, die was riskieren

■ Lateinamerikanische Filmtage zeigen Maria Luisa Bemberg

Sie war 49 Jahre alt, als sie ihr erstes Drehbuch schrieb, und fast sechzig, als sie ihr Regiedebüt gab: Maria Lusia Bemberg war die ungewöhnlichste und erfolgreichste Filmemacherin Argentiniens, sie setzte in den 80er Jahren, nach dem Ende der Militärdiktatur, eine lebendige, feministische Filmkultur in Gang und landete einen Coup, der dem Andenstaat niemals zuvor gelungen war: Mit ihrer dritten Produktion eroberte Bemberg den US-Markt. Camila (1984) wurde prompt für den Oscar nominiert.

Als die 73jährige Regisseurin und erklärte Frauenrechtlerin im Frühjahr dieses Jahres an einem Krebsleiden verstarb, widmeten die Feuilletons ihr kaum mehr als eine Randnotiz. Abhilfe tut not, deshalb zeigt das Kino 3001 im Rahmen seiner Lateinamerikanischen Filmtage – und gemeinsam mit der taz hamburg – noch einmal einen ihrer dichtesten und international bedeutendsten Filme: Ich, die Unwürdigste von allen (1990).

Auf der Grundlage von Octavio Paz' Biografie Sor Juana oder Die Fallstricke des Glaubens zeichnet Bemberg die tragische Lebensgeschichte der mexikanischen Dichterin Juana Inés de la Cruz (1648-95) nach, die sich als 19jährige in ein Klosters zurückzog, um zu forschen und zu schreiben – und plötzlich auf dem Höhepunkt ihres Ruhms der schriftstellerischen Arbeit abschwor. In streng komponierten Bildern klagt der Film die katholische Kirche an, die rebellische Nonne systematisch deformiert zu haben. Nachdem Schwester Juana ihre Kapitulation unterzeichnet hatte, widmete sie ihre letzten Jahre den Pestkranken und starb schließlich an der Seuche.

In all ihren Filmen spürte Bemberg dem Machismo nach, der Dominanz patriarchaler Strukturen und der fortwährenden Unterdrückung von Frauen. Sie griff dabei auf traditionelle Erzählweisen zurück, meist auf das Melodram, das sie als symbolreiches und atmosphärisch dichtes Genre schätzte.

Daß die Erfolgsregisseurin sich zu Beginn der 80er Jahre vom Theater zum Film wandte, hatte ideologische Gründe: Bemberg wollte den Kanon stereotyper Frauenfiguren durchbrechen, der das iberoamerikanische Kino prägte. Sie forderte Protagonistinnen, die etwas riskieren und neue Wege beschreiten, die „weder armselige Geschöpfe sind noch geschwätzige Nervensägen“. Es ist sicher mit ihr Verdienst, Bewegung in die starren Entwürfe von Weiblichkeit gebracht zu haben. Silke Kirsch

Heute abend, 3001, 20.30 Uhr; Silke Kirsch wird vorher eine Einführung zu M.L. Bemberg halten

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