Frauen an der Front: Hart, aber weiblich
Bisher gibt es keine Kommandosoldatinnen an vorderster Front - das soll sich jetzt ändern. Mit einer behutsamen Einführung in den Kampf.
Bald soll es in Afghanistan noch mehr Frauen geben, die durch ihre Uniformierung nicht mehr zu unterscheiden sind. Nein, keine Burkaträgerinnen, sondern bis zur Unkenntlichkeit maskierte Elitesoldatinnen des Kommando Spezialkräfte (KSK). Die Biomasse Frau wird jetzt auch von der Bundeswehr entdeckt, als Königinnenweg zur Planstellenerfüllung.
Bisher waren Frauen zwar erst als Sanitätsoffizierinnen oder Militärmusikerinnen und seit dem Jahr 2001 auch als andere Soldatinnen zugelassen, von ihrem Wirken in der geheimen Elitetruppe Kommando Spezialkräfte (KSK), da, wo nach landläufiger Meinung die harten Jungs spielen, wusste man hingegen wenig. Wie man auch sonst wenig darüber weiß, was das KSK so treibt - es ist und bleibt eine supergeheime Eingreiftruppe.
Nun aber gab der Heeresinspektor Hans-Otto Budde in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung zu: "Auch beim KSK sind Frauen mittlerweile unverzichtbar." Damit löste er eine Diskussion darüber aus, ob das ein weiterer Weg zur Gleichberechtigung beim deutschen Militär sei. Gleichzeitig aber brach die Empörung darüber aus, dass Frauen nur in den Unterstützungskompanien ihren Platz finden könnten. Waschen, kochen, putzen für das Vaterland?
Um erst einmal die heiße Luft aus dem Aufklärungsballon zu lassen: Es gibt sie schon - die Frauen beim KSK. Wie könnten sie auch sonst unverzichtbar geworden sein? Was es nur nicht gibt, das sind Angaben darüber, wie viele es genau sind, die tatsächlich bisher nur in den Unterstützungskompanien arbeiten. Einige Dutzend, wird gemunkelt. Dabei sind die Soldatinnen nicht in einer reinen Handlangertruppe gelandet, sondern leisten die wichtige Arbeit der logistischen Versorgung, worunter beispielsweise der Stab und die Fernmeldefunktionen fallen. Was es aber noch nicht beim 1996 eingeführten KSK gibt, das sind echte Kommandosoldatinnen, die an vorderster Front kämpfen. Nicht etwa, weil ihnen wegen ihres Geschlechts die Bewerbung nicht offenstand, das wäre nach dem Antidiskriminierungsgesetz sowieso unzulässig, sondern weil es bisher keine Bewerberin gab, die den superharten und natürlich geheimen Bewerbungsverlauf bestand.
Geplant war, dass dieses Kommando aus 1.000 Männern besteht. 400 Kämpfer und 600 als Unterstützung. Nur: Es ließen sich keine 400 Männer finden, die bereit waren, für 500 Euro mehr im Monat plus Auslandszulage diesen Dienst zu verrichten. Frauen auch nicht. Das soll sich nun ändern. "Die Anforderungen, die an eine Kommandosoldatin gestellt werden, bleiben gleich", sagt Arne Collatz-Johannsen, Sprecher des Verteidigungsministeriums in Angelegenheiten des Heeres. "Die Bewerberinnen werden nun besser darauf vorbereitet." Führt man die Frauen jetzt zaghaft an das kalte Wasser heran, durch das sie robben sollen? Sieht so die Lösung des Personalproblems aus?
Ohne Frauen ginge schon heute bei der Bundeswehr gar nichts mehr. Laut Eigenangaben der Bundeswehr sind rund 15.220 Frauen bei den Streitkräften, im Sanitätsdienst liegt ihr Anteil bei rund 30 Prozent. Langfristig ist ein Frauenanteil von 50 Prozent im Sanitätsdienst und bei etwa 15 Prozent im Truppendienst angepeilt. Ohne diesen Einsatz wäre die Arbeit zu Lande, zur Luft und zur See - okay, größtenteils am Computer - gar nicht mehr zu leisten. Doch es scheint, als ließe man die Frauen gerne zu Hause: von etwa 3.500 Soldaten im Isaf-Einsatz in Afghanistan und Usbekistan beispielsweise, dort also, wo das KSK zum Schutz von Feldlagern tätig sein soll, sind nur etwa 160 Frauen im Einsatz. Daran wird die KSK-Frauenoffensive nichts ändern.
"Insgesamt geht es darum, das KSK an seine volle Einsatzkraft zu bringen und das gesamte Bewerberpotenzial auszuschöpfen", sagt Collatz-Johannsen. Es läuft eben nicht ohne die Frauen. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Bundeswehr nicht von vielen anderen Unternehmen. Frauen sind wie so oft der Notnagel, der die Kiste zusammenhält.
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