: Frauen an Wegkreuzungen
■ Schülerinnen im Theater Zeppelin mit "Gift" von Daniel How
Dicht kleben die Zuschauerreihen an der Bühne des kleinen „Theaters Zeppelin“, so als sitze man mit in der Enge der heruntergekommenen Pension in St. Georg, in der sich, wie in einem Vorhof der Hölle, die Lebenswege dreier sehr unterschiedlicher Frauen kreuzen.
Gift nennt Autor und Regisseur Daniel Haw sein Drama in einem Akt, das er mit drei 16 bis 21 Jahre alten Schülerinnen vom Aufbaugymnasium St. Georg einstudiert und nun als Gastspiel seines „Theater Transit“ zeigt. In ungemein dichten Dialogen entbrennt – bei zurückhaltenden Aktionen – ein zunehmend verzweifelter Kleinkrieg. Knallharte Fronten entstehen zwischen der herzlosen Bender (lebensecht: Jeanette Kratzert) und dem verwöhnten, davongelaufenen höheren Töchterlein Claudia (Katharina Baumgartner), die vom Junkiefreund verlassen die Miete nicht zahlen kann. Dazwischen Magda (Julia Smetanig), die sich prostituiert: für eine gute Zukunft daheim in Sibirien.
„Egoismus, Bequemlichkeit und Intoleranz“ sind für den 37jährigen Daniel Haw das Gift, das menschliche Beziehungen unmöglich macht. In knappen, statischen Traumszenen, zwischen Musik von Satie, Rachmaninow und Tango, benennt er Fehler. Claudia sieht ihre Fesseln nicht, ist blind für Leiden anderer. Und Magda, die aus Not ihre Familie verließ, erinnert vergeblich die Prophezeiung ihrer Mutter: „Wer die Heimat verläßt, verläßt sich selbst. Wer nach Deutschland in die großen Städte geht, der muß vergessen.“ Sie, die einzige Mitfühlende, wird schließlich von einem Freier erstochen.
Ludwig Hugo
Weitere Aufführungen: 24 und 25. Februar, 20 Uhr, Theater Zeppelin, Kaiser-Friedrich-Ufer 27
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