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Frauen-Finale der French OpenMit 22 Unglaubliches geleistet

Tennisprofi Iga Świątek war in Paris nur rhetorisch ihrer Gegnerin Karolina Muchova unterlegen. Aber spielerisch erinnert sie an Serena Williams.

Iga Świątek zeigt Stärke Foto: imago/Starface

Als Iga Świątek nach dem ersten Satz im Frauenfinale von Roland Garros den Platz verließ, um sich eine kleine Pause zu gönnen, hatte sie wie immer einen kleinen Schreibblock bei sich. Man weiß es von der Polin, dass sie die taktischen Anweisungen ihres Coaches selbst immer noch mal verschriftlicht und sich diese in den „Toilettenpausen“ ihrer Matches dann gerne noch mal anschaut.

Die 22-Jährige verriet später nicht, was sie sich da notiert hatte und ob es ihr auf dem Weg zu ihrem dritten Titel bei den French Open geholfen hatte. Aber fest steht: In dem Moment, als sie den Court Philippe Chatrier verließ, führte sie schon so deutlich, dass man sich schon fragte, warum sie überhaupt ein bisschen spicken musste. Alles lief für Świątek wie üblich in diesem Endspiel. Ihre Gegnerin Karolina Muchova machte zu viele Fehler. Die Tschechin ist eine wunderbare Tennisspielerin. Sie beherrscht jeden Schlag. Aber Świątek ist eben Świątek: rastlos, hart, unerbittlich. 6:2 hieß es am Ende des ersten Satzes. Nach der kleinen Pause das gleiche Spiel: Die 22-jährige Weltranglistenerste führte nach weiteren 15 Minuten schon mit 3:0.

Langeweile machte sich breit. Aber es folgte etwas, was immer wieder im Tennis zu beobachten ist. Muchova kroch in den Kopf ihrer Gegnerin. Irgendwie schaffte sie es, den Rhythmus von Świątek zu brechen. Viermal hintereinander nahm Muchova der Titelverteidigerin von Paris deren Aufschlag ab. Entnervt hob Świątek nach eigenen Fehlern den Daumen. Das war natürlich sarkastisch gemeint. Das Match schien zu kippen. Muchova, die im Halbfinale im besten Spiel des Turniers Aryna Sabalenka nach Abwehr eines Matchballs besiegen konnte, agierte plötzlich wie ein kommender Grand-Slam-Champion. Der zweite Satz ging mit 7:5 an die 26-Jährige aus Olmütz im schönen Mähren.

Und doch: Świątek schaffte den Kraftakt auch dank ihres Champion-Gens. „Das Gefühl, hier schon mal diese Erfahrung gemacht zu haben, hat mir am Ende geholfen“, sagte sie. Am Ende hieß es 6:2, 5:7 und 6:4 aus der Sicht der jetzt viermaligen Grand-Slam-Siegerin.

Świątek ist erst 22 Jahre alt. Ihre größte Leistung an diesem schwül-heißen Samstag im Stade de Roland Garros bestand darin, sich zurückzuverwandeln: von ihrer Hülle zu sich selbst. Es war höchst interessant, sie ganz dicht dabei zu beobachten, wie sie das erste Mal in einem großen Spiel richtig strauchelte, ihr aber doch der Turnaround noch gelang.

Świątek befreit sich selbst

Es waren mitunter verzweifelte Augenblicke. Świątek forderte in diesem Finale immer wieder auch Hilfe von ihrem Trainer ein. Aber der Coach machte keine Anstalten. Er saß wie versteinert in der Box. Świątek musste alleine aus der Misere raus. Und sie stand wirklich wieder auf. Plötzlich klappte auch wieder das einfache Spiel.

Świątek untermauert ihre Dominanz regelmäßig mit glasklaren Ergebnissen. In der dritten Runde gelang ihr in Paris ein sogenannter Double-Bagel, 6:0, 6:0 schlug sie die Chinesin Wang Xinyu. Muchova war ein völlig anderes Kaliber. Diese Erfahrung kann Świątek noch stärker machen. Über 60 Wochen ist sie nun schon die Nummer eins der Frauen-Weltrangliste. Bei ihrem 17. Grand-Slam-Turnier hat sie nun den vierten Titel geholt. Das erinnert stark an Serena Williams. Die hatte mit 22 schon fünfmal ein Major-Turnier gewonnen.

Kritiker sagen, der Polin fehle das nötige Charisma. Bei der Siegerehrung unten auf dem Platz wurde das wieder ein bisschen deutlich. Muchova, die Verliererin, hielt eine herzzerreißende Rede. Es flossen die Tränen. Sie war die spektakulärere, aber unglücklichere Spielerin in diesem spannenden Endspiel. Als Świątek das Mikrofon übernahm, ging es wieder ganz fix. Die üblichen Floskeln und Danksagungen. Das war es. Die Polin wird keine große Rednerin mehr. Und selbst wenn ihr ein bisschen Ausstrahlung fehlt: als junge Spielerin hat sie jetzt schon Unglaubliches geleistet. Und die Reise nimmt ja jetzt erst richtig Fahrt auf. Nächste Ausfahrt: Wimbledon.

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