piwik no script img

Frauen Empfang: Saurer Sekt und warme Worte

Alle Jahre wieder findet er statt, der Frauen-Empfang im Hamburger Rathaus. Der Senat in Gestalt der Frauen-Senatorin versucht dann, Good-Will zu demonstrieren – schließlich sind Frauen auch Stimmvieh. Doch dieses Jahr geriet die Chose gleich dreifach ins Wanken. Das Schlimme zuerst: Es gab zum ersten Mal keine Schnittchen! So blieben die Mägen heuer leer im patriarchalen Prunk- und Protzgebäude. Auch das bislang obligate Likörchen wurde mangels Finanzen gekippt, wie die neue Frauensenatorin Christina Weiss beschied.

Die fehlenden Finanzen ärgerten jedoch nicht nur den gastro-intestinalen Trakt: Gerade als Senatorin Weiss mit ihrer schönen Verpflichtungsrede beginnen wollte, stürmten 21 Frauen das reich verzierte Holz-Podest und verkündeten ihren Protest durch's Mikrophon: Der Senat solle anstatt eines „Schnittchenempfangs“ und „Lippenbekenntnissen“ lieber die notwendigen autonomen Frauen- und Lesbenprojekte unterstützen, die durch die Streichung der ABM-Gelder vom Ruin bedroht sind.

Frau Weiss rechtfertigte sich: Es gebe „kein Geld im Senatsamt“. Und sie fand es „schade, daß wir ausschließlich auf Geld reduziert werden“. So bot sie denn mit engelssanfter Stimme die Rede zum 8. März: Viel habe die Frauenbewegung schon getan, doch viel müsse noch bewegt werden, gerade in diesen schweren Zeiten – usw, usf.

Karin Roth, Vorsitzende des DGB-Nord, wurde schon konkreter. Die Gastrednerin forderte den Senat auf, Frauenforderungen auch umzusetzen – und finanziell zu unterstützen: ein Affront für Weiss im eigenen Haus? Roth jedenfalls wurde von den rund 700 Frauen im Saal belohnt: Sie klatschten heftig. Doch auch Roth ließ irgendwann die typische Gewerkschafts-Einstellung durchschimmern, die noch immer Frau mit Familie assoziiert. So zum Beispiel, als sie Kinderbetreuungsmöglichkeiten in Betrieben forderte, flexible Arbeitszeiten für Frauen oder nahe an der Wohnung gelegene Arbeitsmöglichkeiten. Es scheint, daß die Gewerkschaft frauenpolitisch immer noch in den Fünziger Jahren steckt.

Danach: saurer Sekt. Greta Eck

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen