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Frauen-DFB-PokalfinaleFamilienfest mit Ultras

Beim Frauen-Pokalfinale zwischen dem VfL Wolfsburg und dem SC Freiburg hält der Sound des Männerfußballs Einzug. Ist das ein Fortschritt?

Die Pokalverliererinnen vom SC Freiburg erhielten ungewohnte Unterstürzung durch die Ultras Foto: David Inderlied/dpa

S o intolerant, wie die Hardcorefans den Deutschen Fußball-Bund gern zeichnen, ist er gar nicht. Rote Rauchschwaden stiegen beim DFB-Pokalfinale der Frauen im Freiburger Fanblock auf. Erstmals waren die Ultras, die sonst blind dem Männerteam folgen, zur Unterstützung angereist.

Der Sound im Kölner Finalstadion war ein völlig ungewohnter. Statt freundlichen Applauses und vereinzelter Trommelschläge schallte Fan­gegröle durch das erstmals beim Pokalfinale ausverkaufte Stadion. Und neben Pyro gehörte natürlich auch das Spruchband „Fick dich DFB“ zur Fanfolklore.

Beim DFB fand man die ungewohnte Unterstützung dennoch richtig dufte. Über den offiziellen Account des Frauennationalteams und der Bundesliga postete man fleißig Filmchen aus der Freiburger Kurve („Weil es einfach so schön ist …“) und lobte den Pokalverlierer, der den neunten Pokalsieg des VfL Wolfsburg in Serie nicht verhindern konnte, sondern recht deutlich (1:4) unterlag: „Das war überragend heute – auf und neben dem Platz.“

Viel hat vermutlich nicht gefehlt, und der DFB hätte vor lauter Begeisterung die eigentlich verbotene Pyroaktion weiterverbreitet. Aber auch Na­tio­naltrainerin Martina Voss-Tecklenburg und die TV-Reporter hoben die Freiburger Unterstützung hervor.

Neuer Schub mit Ultras

So viel Liebe ist den Ultras vom DFB vielleicht noch nie entgegengebracht worden. Wie wichtig stimmungsvolle Stadien für die Ver­marktung des Fußballs sind, haben die Verbandsfunktionäre natürlich schon bei den Männern bemerkt. Nur ist darauf trotz aller Repressalien gegen die Ultras durch den DFB oder die Polizei Verlass. Dem Frauenfußball ­könnten die Ultras einen neuen Schub geben, wenn das Freiburger Beispiel Schule machen sollte.

Es deutet sich an, dass die Vermarktung des Frauenfußballs als friedliebendes Gegenmodell zum Männerfußball keine Zukunft mehr hat, auch wenn es dieses Mal im Vorfeld des Pokalendspiels wieder ein großes „Fan- und ­Familienfest“ gab.

Es gibt keinen Frauenfußball. Es gibt nur Fußball. Das ist eigentlich fortschrittliches Denken. Aus dieser Logik ergibt sich aber auch, dass der Frauenfußball sich von den dominanten Vorgaben des Männerfußballs erst einmal kaum emanzipieren kann.

Das wirkt in sehr viele Bereiche hinein. Beim SC Freiburg betonte man nach der Finalniederlage der Frauen die Besonderheit des Ereignisses und dass man mit Vereinen wie Wolfsburg, Bayern, Frankfurt und Hoffenheim auch künftig nicht mithalten wird. Warum? Die Antwort auf diese Frage setzten sie stillschweigend voraus. Weil es bei den Männern so ist. Deren Budget bestimmt, was bei den Frauen möglich ist.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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