Französische Punkmusik: Der Frustration die Ehre erweisen

Mit ihrem neuen Album „Empires of Shame“ sorgt die Pariser Punkband Frustration für interessante und anarchische Perspektiven.

Cover des aktuellen Albums der Band

In „Empires of Shame“ erweist die Band ihrem Namen alle Ehre Foto: Promo

„Frustration ist die emotionale Antwort auf Widerstand. Nahe an Wut und Enttäuschung gelegen“ – so lautet die französische Begriffserklärung. Diese Definition trifft haargenau auf die Musik der aus Paris stammenden Punkband zu, die eben diesen Namen trägt: Frustration. Ihr neues Album heißt „Empires of Shame“, es ist das dritte Album der Band.

Frustration, deren fünf Mitglieder allesamt über 40 Jahre alt sind, scheinen sich nicht unter Druck setzen zu lassen – sowohl was die Intervalle neuer Veröffentlichungen betrifft als auch in Bezug auf die schwere Last, die das Erbe der „alten Lehrmeister“ der 70er Jahre bedeuten kann: Stilistisch lässt sich die Band an der Schnittstelle zwischen Post Punk, Cold Wave und Garage verorten. Auch wenn „Empires of Shame“ an vielen Stellen doch sehr an Joy Division, Killing Joke und New Order erinnert, scheinen direkte Vergleiche fehl am Platz zu sein. Zu eigenwillig der Stil, den Sänger Fabrice Gilbert, Keyboarder Fred Campo, Schlagzeuger Mark Adolf, Gitarrist Nicolas Duteil und Bassist Pat D. präsentieren – er scheint zu progressiv, als dass direkte Bezugnahmen zu alten „Stilepochen“ oder die Unterstellung einer Nachahmung hier angebracht wären.

Zurück zur Bedeutung des Bandnamens. Dass Wut Frustration sehr naheliegt, zeigt sich sehr eindrücklich sowohl in der Stimme des Sängers, der fast ausschließlich hinter vorgehaltener Hand zu singen scheint, als auch im Geschrei der Band und in den dissonanten Klaviaturen des Keyboards. Die emotionale Verwandtheit von Frust und Enttäuschung wird deutlich, wenn man den Texten und den präzisen, beinahe militärisch anmutenden Rhythmen lauscht.

Weder von Geschichte noch von Gegenwart beeinflussbar

Die ersten drei Tracks, „Dreams, Laws, Rights and Duties“, „Just Wanna Hide“ und „Excess“ wirken wie Schläge in die Kniekehlen: flottes Tempo, stoischer Rhythmus, keinerlei Rücksicht auf Feinheiten. Gleichzeitig sendet Sänger Gilbert Willkommenssignale mit einer Stimme, die einen Curtis-ähnlichen Spleen aufweist. Schon wieder charmant ist, dass man sein Englisch nur unter großer Anstrengung versteht. Die Ballade „Arrows of Arrogance“ markiert einen stilistischen Bruch. Textlich mutet der Song wie eine proletarische Hymne an, doch die Sounds des Synthesizers lassen eher Assoziationen an Westernfilme wach werden.

„Mother Earth in Rags“ hebt diesen Bruch jedoch direkt danach wieder auf, kehrt zurück zum Stil der vorangegangenen Tracks, geht steil nach vorn und macht – in krassem Gegensatz zum Inhalt des Texts – große Lust zu tanzen. Das Finale des Albums, „No Place“, wurde sehr kurzfristig hinzugefügt, ist aber ein Synth-Punk-Noise-Juwel, das sphärisch und sehr tanzbar ist.

Frustration: „Empires of Shame“ (Born Bad/X-Mist)

In einer Zeit, in der der Anteil der Menschen, die in der Gewissheit aufwachsen, dass bereits alles gedacht, gesagt und getan wurde und es nichts wirklich „Neues“ mehr gibt, immer größer wird, sorgen Frustration für wohltuende Erleichterung. Indem sie sich weder von Geschichte noch von Gegenwart verunsichern lassen, schaffen sie es, die dumpfe Energie, die sie antreibt, nach außen zu kehren und so zu kanalisieren, dass sie sich musikalisch von ihr leiten lassen können. Frustration ist also durchaus in der Lage, eine Perspektive zu schaffen – die Band macht ihrem Namen alle Ehre.

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